Das Urlaubsland Spanien treibt gerade in eine 
seiner schwersten Staatskrisen seit Beginn der Demokratie. Denn die 
rebellische Region Katalonien im Nordosten des Königreichs will am 
Sonntag und gegen den erbitterten Widerstand der spanischen Regierung
ein einseitiges Unabhängigkeitsreferendum organisieren. Es sieht 
nicht danach aus, als ob sich die katalanische Separatistenregierung 
durch das Verbot des spanischen Verfassungsgerichts und angedrohte 
Zwangsmaßnahmen davon abbringen lässt. Bricht Spanien also 
auseinander? Es lässt sich kaum voraussagen, was am Sonntag und den 
folgenden Tagen in Katalonien, Spaniens wichtigster 
Tourismushochburg, tatsächlich geschehen wird. Spanien schickte 
tausende Polizisten in die abtrünnige Region, die dafür sorgen 
sollen, das dieses gerichtliche Abstimmungsverbot durchgesetzt wird. 
Die Sicherheitskräfte sollen Wahllokale schließen und Wahlurnen 
beschlagnahmen. Kein einfacher Auftrag angesichts von 6.300 
Wahllokalen. Demonstranten werden sich den Polizisten in den Weg 
stellen. Heftige Spannungen sind programmiert. Mögliche 
Wahlergebnisse können somit kaum als repräsentativ gelten. Auch muss 
man klar sagen: Ein einseitiges regionales Referendum, das gegen ein 
Verbot des spanischen Verfassungsgerichts durchgepeitscht wird, kann 
man nicht demokratisch nennen. Obgleich die katalanische 
Sezessionsregierung so tut, als ob in Spanien immer noch eine 
Diktatur herrsche, Katalonien unter einer spanischen Besatzungsmacht 
leide und die Katalanen deswegen das Recht zum Ungehorsam haben. Dies
ist Propaganda. Noch eine weitere Erkenntnis macht sich in Europa 
breit: Allein mit Verboten wird Spanien diesen wachsenden Konflikt 
mit Katalonien kaum lösen können. Seit Jahren versucht Spaniens 
konservativer Regierungschef Mariano Rajoy vor allem mit 
Gerichtsurteilen die katalanischen Autonomiegelüste zu stoppen. Stets
mit Hinweis auf die spanische Verfassung, in der die Einheit der 
Nation beschworen wird. Die Folge: Während früher die 
Unabhängigkeitsbefürworter noch eine kleine Minderheit waren, 
repräsentieren sie heute im katalanischen Regionalparlament die 
Mehrheit. Vor allem, weil sich viele der 7,5 Millionen Katalanen von 
Spaniens Regierung ignoriert und gedemütigt fühlen. Rajoy, der alle 
katalanischen Vorstöße auf mehr Selbstverwaltung und Steuerhoheit mit
einem sturen „No“ beantwortete, wird sich also um Dialog bemühen 
müssen, wenn er die Katalonienkrise lösen will. Denn es liegt auf der
Hand, dass er diesen brodelnden Streit nur zusammen mit Katalonien 
und nicht gegen das katalanische Volk lösen kann.
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