Wir können keine Entscheidung treffen, weil wir
zu wenig wissen – mit diesem Argument verweigert Bundesumweltminister
Peter Altmeier eine neue, übereilte Reform des
Erneuerbare-Energien-Gesetzes. Sein Vorgehen ist richtig und
gefährlich zugleich. Der Umweltminister wagt eine Gratwanderung. In
der Debatte über die Energiewende tritt er als deren Vorkämpfer auf.
Mit dem Vorschlag, den er unterbreitet hat, will er sie sogar
beschleunigen. Die Ansage lautet nun: Bereits 2020, in acht Jahren,
werden 40 Prozent des deutschen Stroms aus Ökokraftwerken kommen.
Gleichzeitig räumt Altmaier aber ein, nach einem halben Jahr Amtszeit
keine schnelle Lösung für das brennende Problem der steigenden
Strompreise liefern zu können. Es gibt sie tatsächlich nicht. Deshalb
sollte man sein Bemühen, in den kommenden Monaten mittels eines
umfassenden Beteiligungsprozesses eine tragfähige Antwort
vorzubereiten, nicht als Aussitzen interpretieren. Für die Regierung
bedeutet diese Strategie, dass die Energiewende eine offene Wunde bis
weit nach der Bundestagswahl bleibt. Was wird die Kanzlerin dazu
sagen? Reißt Angela Merkel nicht bald der Geduldsfaden? Nein, denn
genau dafür hat sie Norbert Röttgen durch Peter Altmaier ersetzt. Er
soll sich um die Energiewende kümmern, aber bloß kein neues Gesetz
vorlegen. Dieses wäre logischerweise im Bundestagswahlkampf höchst
umstritten und würde der Opposition eine viel größere Angriffsfläche
gegen Merkel bieten als ein flauschiger Diskussionsprozess. Doch der
Grat zwischen einer neuen politischen Kultur und Attentismus ist
schmal. Peter Altmaier baut gerade ein großes politisches Experiment
auf. Dabei besteht die Gefahr, dass das Labor explodiert. Weder die
Öffentlichkeit noch der hektische Medienbetrieb sind daran gewöhnt,
Entscheidungen reifen zu lassen.
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