Wer schon einmal im südlichen Afrika war, der
hat sie an jeder Tankstelle, jedem Kiosk und in jedem Supermarkt
gesehen: dunkle, getrocknete Streifen Fleisch, die sowohl in
Südafrika als auch in Namibia als Leckerei verkauft werden und von
Menschen aller sozialen Schichten nahezu rund um die Uhr mit
wachsender Begeisterung gekaut und verzehrt werden. Doch auch die
Südafrikaner haben jetzt ihren Lebensmittelskandal. Bewiesen doch
Test, dass die Trockenfleischspezialität nur selten richtig
gekennzeichnet ist. 77 Prozent aller Proben hätten sich als Betrug
entpuppt, stellte die Universität des Westkaps in Untersuchungen
fest. Versprachen Etiketten auf der Biltong-Verpackung, dass der
Inhalt aus den hochwertigeren Fleischsorten Kudu, Springbock oder
Strauß bestehe, habe es sich in Wirklichkeit jedoch um Rind
gehandelt. Auch andere Fleischsorten wurden gefunden, die auf dem
Etikett nicht vermerkt waren, so die Tester. Diese Nachricht wird die
Südafrikaner ebenso hart treffen, wie der Verdacht eines Verstoßes
gegen das deutsche Reinheitsgebot beim Bier hierzulande. Wir sehen:
Der verantwortungsvolle Umgang mit der Herstellung und dem Vertrieb
von Lebensmitteln ist auch andernorts ein Problem. Was das Problem in
diesem speziellen Fall verschärft: Seit 2010 darf Biltong auch von
EU-Ländern importiert werden. Nun wird der Konsum von Biltong in
Mitteleuropa trotz des Imports nicht von heute auf morgen exorbitante
Ausmaße annehmen. Doch dieses zugegeben exotische Beispiel ist auch
ein Warnsignal. Denn aktuell gibt es ja politische Gespräche zwischen
der EU und den USA über die Einrichtung einer Freihandelszone
zwischen den beiden Kontinenten. Es soll ein riesiger Wirtschaftsraum
mit mehr als 800 Millionen Verbrauchern entstehen. Die Unternehmen
könnten Milliarden Euro sparen, die zurzeit noch in Zölle fließen,
die laut Außenhandelsverband BGA zwischen fünf und sieben Prozent
liegen. Natürlich verspricht man sich auf beiden Seiten des Atlantiks
von einem solchen Abkommen enorme Wachstumsimpulse für die
Wirtschaft. Dagegen ist auch überhaupt nichts einzuwenden. Doch
sollte man sich gleichzeitig darüber im klaren sein, dass mit
zunehmenden Warenströmen auch die Anforderungen an
Kontrollmechanismen enorm steigen werden. Denken wir nur an die
Frage, ob auf Umwegen auch genveränderter Mais aus den USA in den
deutschen Markt gelangen könnte, dessen Anbau hierzulande verboten
ist. Haben nicht die aktuellen Fälle von möglichem Etikettenschwindel
und dem Schimmelpilzgift im Futtermais gezeigt, dass die
Kontrollinstanzen in Deutschland schon längst an den Grenzen ihrer
Belastbarkeit arbeiten? Fragen, denen sich die Politik stellen muss,
wenn sie die Strategie der weltweiten Grenzöffnung weiter verfolgen
will. Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Dieser Grundsatz gilt
besonders in der Lebensmittelwirtschaft. Das sollten uns die Skandale
um Futtermais oder den südafrikanischen Biltong gelehrt haben.
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