Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar Papst-Interview Die Welt im Blick JULIUS MÜLLER-MEININGEN, ROM

Es ist ein Drahtseilakt. Wie kann man
katholische Dogmen achten und dabei doch frischen Wind in die Kirche
bringen, Gehör finden und die vielen vergraulten Gläubigen wieder für
sich gewinnen? So lautet verkürzt das Programm, das aus vielen
Äußerungen von Papst Franziskus dringt. Seit fünf Monaten ist der
Papst im Amt. Mit dem nun erschienenen, 29 Seiten langen Interview,
das in 16 jesuitischen Zeitschriften veröffentlicht wurde, stellt
sich erneut die Frage: Kann dem Papst diese Quadratur des Kreises
gelingen? Die Antwort lautet: Ja. Festzuhalten ist zunächst: In
seinen oft revolutionär klingenden Äußerungen bricht der Papst nicht
mit der katholischen Lehre. Seinen berühmt gewordenen Satz „Wenn
jemand homosexuell ist und Gott sucht und guten Willens ist, wer bin
ich, über ihn zu richten?“ hat Franziskus nun noch einmal vertieft
und festgestellt, dass die Barmherzigkeit Gottes vor Fragen wie
dieser keine Unterschiede mache. „Ich bin ein Sohn der Kirche“, hält
der Papst fest. Damit bekennt er sich auch zu strikten Positionen der
Kirche wie etwa der Ablehnung der Homoehe. Implizit, nicht explizit.
Das ist ein wesentlicher Unterschied. Franziskus ist sich dessen
bewusst, wenn er behauptet, man müsse nicht „endlos“ von diesen
„kleinen Regeln“ sprechen. Im Gange ist das, was man weltlich als
große PR-Kampagne der Kirche bezeichnen könnte. Die Inhalte bleiben
dieselben, aber Franziskus will versöhnen.

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