Es kommt nicht so häufig vor, dass die 
persönliche Reaktion führender Politiker auf Wahlergebnisse so 
diametral von der Wirklichkeit abweicht, wie dies bei dem 
SPD-Parteitag am Wochenende der Fall war. „Das haut mich um“, sagte 
Hannelore Kraft zu den 98,45 Prozent Zustimmung. Das genaue Gegenteil
ist der Fall: Kraft wird nicht umgehauen, sie war selten, vielleicht 
noch nie, so stark wie heute. Dass die Delegierten von Bochum am 
Wochenende ihrer Parteichefin erneut einen solchen Vertrauensbeweis 
mit auf den Weg gaben, sagt – entgegen der Verbreitung angeblicher 
Missstimmung im Land – viel über die Wertschätzung für Hannelore 
Kraft in NRW und für das Land selbst aus. Solche Wertschätzung ist 
nicht selbstverständlich in der Politik. Sie gründet nicht nur auf 
Sympathie, sondern auch auf Erfolg. Während die Opposition immer 
wieder auf die schlechten Vergleichszahlen für NRW abhebt, liegen die
tatsächlichen Bewertungsparameter viel besser als gedacht. Das gilt 
sowohl für das Wachstum in allen Regionen als auch für die Sozial- 
und Sicherheitsstruktur. So darf sich NRW inzwischen etwa auf 
Augenhöhe mit Baden-Württemberg und Hamburg fühlen – trotz der 
schwierigen Lage des Ruhrgebiets. So ist auch das Lebensgefühl der 
meisten Menschen, auch hier bei uns in OWL. Aus diesem Blickwinkel 
erscheinen die Attacken der Opposition auf die vorgeblich schlechte 
Lage des Landes nicht klug. Diese Strategie ist schon oft 
gescheitert. Die Lage der rot-grünen Koalition allerdings ist seit 
dem Wochenende nicht besser geworden. Krafts Stärkung geht einher mit
der Schwächung der grünen Spitzenkandidatin für die Landtagswahl 
2017. Knapp 18 Punkte, fast jede fünfte Stimme hat Sylvia Löhrmann in
den eigenen Reihen verloren. Das liegt sicher zum Teil an dem 
schwierigen Schulministerium, das sie führt und das viele Bürger – 
Eltern, Lehrer und Besserwisser – noch stets gespalten hat. Aber es 
liegt auch an unklarer politischer Haltung. Ihr Ministerkollege 
Remmel, der stets klar nur die eigene Klientel bedient – darin seiner
Vor-Vorgängerin Bärbel Höhn ähnlich – erhielt fast zehn Punkte mehr. 
Sie könne, rief Löhrmann in Oberhausen, nur so stark sein, wie die 
Delegierten sie machten. Gemessen daran ist sie seit dem Wochenende 
schwach. Ob das und der SPD-Kraftakt Auswirkungen auf die Stimmung in
der Koalition haben werden, bleibt abzuwarten. Spannender jedenfalls 
ist das politische Rennen um die Macht in NRW und damit auch im Bund 
auf jeden Fall geworden.
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