Neue Westfälische (Bielefeld): KOMMENTAR SPD und Steinbrück in schwerer See Silberstreifen am Horizont ALEXANDRA JACOBSON, BERLIN

Keine Frage: Für die SPD gab es schon mal
bessere Zeiten. Momentan ist die Entzauberung des
SPD-Kanzlerkandidaten angesagt. Es weht eine steife Brise der
öffentlichen Erregung, und diese Brise kommt direkt von vorn. Aber
Steinbrück ist Hanseat und weiß, dass sich der Wind wieder drehen
kann. Auch in dieser schweren Zeit gibt es bei genauerem Hinsehen
durchaus Silberstreifen am Horizont für die SPD. Natürlich hat der
Kandidat Fehler gemacht, die Fragen nach seiner sozialdemokratischen
Identität aufgeworfen haben. Dass er als Bewerber ums Kanzleramt das
Kanzlergehalt thematisierte, war eine echte Eselei. Es heißt, dass
Steinbrück seine Ausrutscher selbst am meisten bereue. Andere gegen
den Kandidaten erhobenen Vorwürfe klingen mittlerweile kleinteilig
und zweitrangig. Doch das wäre vermutlich schnell Vergangenheit, wenn
Rot-Grün die Landtagswahl in Niedersachsen gewänne. Im Mittelpunkt
der Aufmerksamkeit stünden dann die beruflichen Aussichten von
FDP-Chef Philipp Rösler oder von Ministerpräsident David McAllister.
Aber selbst wenn die Wahl für Rot-Grün verloren ginge, würde diese
Niederlage keineswegs den schwarz-gelben Sieg bei der Bundestagswahl
garantieren. Dafür produziert diese Regierung zu viel Leerlauf und
Chaos. Man denke nur an das monatelang andauernde Hickhack um die
sogenannte Lebensleistungsrente. Und immerhin hat die SPD in der
jetzigen stürmischen See zu einer erstaunlichen Geschlossenheit
zurückgefunden. Die Genossen scharen sich um den Kandidaten und
brechen nicht vorschnell den Stab über ihn. Das wäre auch unklug,
denn Steinbrück hat als Finanzminister schon mal gezeigt, dass er
regieren und globale Krisen meistern kann. Bis zur Bundestagswahl im
September kann also noch viel passieren. Auch wenn manche jetzt so
tun: Es ist noch nichts entschieden.

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