Zum dritten Mal hat die Bertelsmann-Stiftung
ihren Chancenspiegel vorgelegt. Zum dritten Mal entzündet sich daran
Streit um das Bildungssystem und die Messbarkeit von Erfolg und
Chancengleichheit. Eine Schwachstelle der Auswertung sind die Daten –
oder besser jene Daten, die nicht zur Verfügung stehen. Beispiel
Durchlässigkeit: Die Schulbehörden erfassen, wenn Schüler aus einer
Schulform in eine andere wechseln, weil ihr Leistungsvermögen zu hoch
oder zu niedrig ist. Tun sie dies aber im normalen Verlauf einer
Schullaufbahn, etwa nach der Realschule hin zur gymnasialen
Oberstufe, wird das nicht erfasst. Ebenso wenig gibt es Daten
darüber, wie viele Eltern ihre Kinder auf ein Gymnasium schicken,
obwohl die Empfehlung der Grundschule dafür nicht ausreicht. Ein
Abstieg im Schulsystem ist oft die Konsequenz. Kurzum – die
Durchlässigkeit als Indikator gerät in Schieflage. Die Detailkritik
ist berechtigt. Doch die generelle Aussage stellt sie nicht in Frage.
Die Bildungsmöglichkeiten sind nicht für alle Kinder gleich. Das hat
mit der Herkunft zu tun, doch auch mit dem Wohnort. Überrascht das?
Nein. Es gibt ja auch regionale Unterschiede am Arbeitsmarkt, bei der
Infrastruktur, bei der Finanzkraft. Doch in Sachen Bildung wirken sie
sich fataler aus. Ein Kind kann nicht einfach in eine
bildungsstärkere Region umziehen. Es muss mit den Schulmöglichkeiten
vor Ort leben. Und: Bildung lässt sich viel eher staatlich
beeinflussen. Es gibt direkte Handlungsmöglichkeiten. Allerdings
nicht nur von Seiten der Behörden. Ein Grundschulleiter hat sich
einmal darüber beklagt, dass die Schule nicht in vier Jahren
ausgleichen könne, was Familien an Unterschieden verursachen. Damit
hat er wohl recht. Deshalb muss beim Blick auf Chancen immer auch ein
Hinweis an die Eltern folgen. Sie machen einen Großteil des
Startpakets aus, mit dem die schulische Laufbahn des Kindes
vorgeprägt wird. Das beginnt mit ganz kleinen Dingen wie dem
abendlichen Vorlesen. Dafür muss man nun wirklich kein Akademiker
sein.
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