Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar Unabhängigkeitsbestrebungen Das schottische Beispiel Knut Pries, Brüssel

Was lange wie ein Stück politischer Folklore
aussah, wird zum realistischen Szenario, mit unabsehbaren Folgen für
die Europäische Union. In Schottland ist die Unabhängigkeitsbewegung
nicht mehr nur ein weiteres Stück liebenswerter Exzentrik wie Herren
in karierten Röcken, die monoton auf einem Blasebalg tuten. Es geht
um ein politisches Projekt, das die EU aufmischen könnte. Mal ganz
unabhängig von der Frage, ob eine Abspaltung des Nordens eine
lohnende Sache oder ein teurer Unsinn wäre: Sie würde einen Weg
eröffnen, den es bislang nicht gab. Dass dort, wo ähnliche
Bestrebungen im Gange sind – Spanien/Katalonien, Frankreich/Korsika
-, die nationalen Regierungen den Ausgang des schottischen
Referendums mit feuchten Händen verfolgen, ist verständlich. Es sind
allenthalben die wohlhabenden Regionen, die auf einen Alleingang
sinnen. In einem Punkt ist das Beispiel Schottland in jedem Fall
wertvoll. Es zeigt den einzigen Weg, auf dem Sezession auf zivile Art
machbar ist: wenn beide Seiten sich auf ein Verfahren verständigen,
wie der Wille der Bürger zum Zuge kommen kann. Da können auch die
Herren Putin und Poroschenko etwas lernen.

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