Das Werk ist vollbracht, der Koalitionsvertrag 
zwischen SPD und Union ist ausgehandelt. Stimmt die Basis der 
Sozialdemokraten zu, gibt es im Dezember die dritte große Koalition. 
Warum sollte sie nicht zustimmen? Es ist ein gelungenes Werk, das die
Parteispitze den Mitgliedern vorlegt: ´ Sie hat einen 
flächendeckenden Mindestlohn ausgehandelt. Das ist ungeachtet der 
Differenzierung im Detail ein Paradigmenwechsel in der 
Bundesrepublik. Es bindet die Tarifpartner an Mindeststandards, ohne 
deren Autonomie in Frage zu stellen. Die Wirtschaft erhält zugleich 
den Auftrag sicherzustellen, die Zeit bis 2017 dazu zu nutzen, 
negative Auswirkungen auf die Beschäftigung zu vermeiden. ´ Sie hat 
eine Mindestrente von 850 Euro ausgehandelt. Das ist für die SPD im 
Kampf gegen Altersarmut ein wichtiges Signal in die richtige 
Richtung. ´ Die Rente mit 67 ist auf eine Rente mit 63 für die Fälle 
korrigiert, in denen Beschäftigte 45 Beitragsjahre nachweisen. Die 
Legitimität eines solchen Ansinnens ist unbestritten, auch wenn wir 
uns alle sicher an längere Arbeitszeiten gewöhnen müssen. Sogenannte 
Wirtschaftsweise sehen das gelegentlich anders. Die allerdings kommen
in der Regel auch nicht annähernd auf ein Arbeitsleben von 45 Jahren.
´ In der Gesundheitspolitik gibt es komplizierte Lösungen, aber 
selbst der skeptische SPD-Mediziner Karl Lauterbach erklärt, dass das
Gesamtpaket so sozialdemokratisch sei, dass man den Mitgliedern die 
Annahme empfehlen müsse. ´ Die doppelte Staatsbürgerschaft kommt. 
Alles das soll ohne neue Schulden finanziert werden. Damit hat sich 
die Union durchgesetzt. Es ist aber auch für die SPD richtig. Auch 
sie muss auf solide Haushalte setzen. Die Union hat die Mütterrente 
durchgesetzt. Aber es verstößt nicht gegen die Interessen der 
SPD-Wähler, wenn Mütter von Kindern, die vor 1992 geboren wurden, 
einen Anteil aus der Rentenversicherung erhalten. Bleibt die Automaut
für Ausländer: Sie ist tatsächlich ein unsinniges Instrument der 
Staats- bzw. Straßenfinanzierung. Aber wenn das der Preis der CSU 
war, konnte man ihn Seehofer kaum verwehren. Es ist alles in allem 
ein ordentlicher Koalitionsvertrag, mit dem beide Seiten 
Verantwortung übernehmen. Und wir Bürger können damit wohl ganz gut 
leben. Nun muss die Basis der SPD noch zustimmen. Tut sie es nicht, 
enthauptet sie ihre Partei. Die Führungsriege wäre dann nicht mehr im
Amt zu halten, die Partei auf Jahre zu Bedeutungslosigkeit verdammt. 
Viele Sozialdemokraten samt ihren Sympathisanten hadern gleichwohl 
mit einer Merkel/- SPD-Regierung. Sie nehmen es einerseits Merkel 
übel, dass sie so lange regieren darf. Diese Form des Beleidigtseins 
hat der SPD aber schon gegen Helmut Kohl nicht geholfen. Die Skepsis 
der SPD gegenüber der großen Koalition gründet andererseits auch auf 
ihrem alten inneren Streit zwischen Gesinnungs- und 
Verantwortungsethikern, der sich lange in der Verehrung für Willy 
Brandt und in der Skepsis gegenüber Helmut Schmidt spiegelte. Dieser 
Streit, das Pendeln zwischen Extremen, zeichnet die Partei in 150 
Jahren Geschichte aus. Es gehört auch zu ihren Reizen. Am besten ging
es ihr indes stets, wenn es der Führung gelang, beides im 
Gleichgewicht zu halten. Das hat sie in den Verhandlungen geschafft. 
Sie hat vieles richtig gemacht. Nun kommt es auf die Basis 
an.⋌thomas.seim@ ⋌ihr-kommentar.de
Pressekontakt:
Neue Westfälische
News Desk
Telefon: 0521 555 271
nachrichten@neue-westfaelische.de
Weitere Informationen unter:
http://
