Klar doch, jeder weiß ganz genau, was an Europa
aufregt. Dass sich die Kommission in Brüssel über den Krümmungsgrad
der Gurken Gedanken macht oder darüber, ob Olivenöl in Kännchen
gereicht werden darf, das nervt. Aber das ist nur ein kleiner
Ausschnitt eines großen Bildes. Und dieses große Bild ist immer noch
das Beste, was dieser Kontinent je hervorgebracht hat. Länder, die
einst tief verfeindet waren, haben gelernt, ihre Differenzen ohne
Waffengewalt beizulegen. Nicht nur der Konflikt um die Ukraine zeigt,
dass der friedliche Interessenausgleich noch keineswegs zum
Standardverhalten in der Welt gehört. Die Werte der Europäischen
Union sind kostbar. Eine gute Möglichkeit, sie zu verteidigen, gibt
es am 25. Mai. Dann wird das Europäische Parlament gewählt. Wenn am
kommenden Wochenende die Wahlkampagnen offiziell beginnen, steht
eines schon fest: So spannend wie 2014 waren die Europawahlen noch
nie. Erstmals verbindet sich das, was in Brüssel passiert, konkret
mit Gesichtern. Für die größten Parteifamilien gehen zwei
Spitzenkandidaten ins Rennen: Martin Schulz tritt für die Sozialisten
und Sozialdemokraten an und Jean-Claude Juncker für die Konservativen
und Christdemokraten. Wer gewinnt, soll Präsident der EU-Kommission
werden. Das ist zwar noch nicht hundertprozentig sicher, weil die 28
Regierungschefs der EU da ein Wörtchen mitreden wollen. Aber sie
dürfen sich über das Ergebnis der Europawahl nicht einfach
hinwegsetzen. Das sieht der Lissabon-Vertrag vor. So viel Demokratie
gab es also noch nie in der EU. Das Duell zwischen Juncker und Schulz
dürfte auch deshalb spannend werden, weil beide Herzblut-Europäer und
starke Typen sind. Jetzt müsste nur noch das Geheimnis gelüftet
werden, was die zwei inhaltlich voneinander unterscheidet. Denn beide
sind Pragmatiker und daran gewöhnt, um Kompromisse zu ringen. Im
Moment hat es den Anschein, dass sie sich ähnlicher sind, als es
ihren Parteifamilien recht sein kann.
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