Niedriglohnjobs sind eine Notlösung. Manche
Firma kann nicht mehr zahlen. Manche Beschäftigte sind froh,
überhaupt wieder einen Arbeitsplatz zu finden. Deshalb ist es nicht
ganz falsch, wenn Wirtschaftslobbyisten Fünf-Euro-Jobs als sinnvolle
Maßnahme preisen. Aber die Billig-Stellen bedeuten auch eine
zunehmende Gefahr. Viele Unternehmen haben sich in den vergangenen
Jahren daran gewöhnt, Arbeitnehmer immer günstiger zu bekommen. Wenn
einer acht Euro pro Stunde erhielt, machte es der nächste schon für
sieben – aus persönlicher Not, aus Unkenntnis seiner Rechte als
Beschäftigter. Damit aber erodiert das Sozialsystem. Wer fast nichts
verdient, zahlt auch wenig Abgaben an die Krankenkasse und
Rentenversicherung. Steuern erhält der Staat von Geringverdienern
kaum noch. Im Ergebnis müssen die Normalverdiener die Ausfälle
ausgleichen und subventionieren damit die niedrigen Lohnkosten der
Unternehmen. Doch auch der gesellschaftliche Zusammenhalt steht in
Frage. Wer sieben Euro brutto pro Stunde erhält, hat im Monat
vielleicht 800 Euro zur Verfügung – mit Vollzeitarbeit knapp über
Sozialhilfe-Niveau. Das verhindert nicht nur, sich eine Familie und
ein angenehmes Leben aufzubauen, das schafft auch jede Menge
Enttäuschung. Die Zerstörungen in Pariser und Londoner Vorstädten
sind auch Ergebnisse solcher Entwicklungen. Wer so etwas in
Deutschland verhindern will, muss die weitere Spaltung der Arbeit
aufhalten. Ein gutes Mittel dazu ist die Einführung eines
gesetzlichen Mindestlohns. Richtig gemacht, stellt er einen
Kompromiss dar zwischen dem Verlangen vieler Unternehmen nach
niedrigen Lohnkosten und dem Interesse der Allgemeinheit an sozialer
Sicherheit. Niedrige Löhne bleiben auch mit Mindestlohn niedrig –
sinken aber nicht weiter ab in Richtung Hungerlohn.
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