Neue Westfälische (Bielefeld): KOMMENTAR zum Thema Anschlag auf Christen in Ägypten Trübe Tage CARSTEN HEIL

Die Lage nach dem fürchterlichen
Neujahrs-Anschlag von Alexandria ist undurchsichtig und
vielschichtig. Die ägyptische Regierung trägt daran genauso eine
Mitverantwortung wie radikale Muslime. Und auch die westliche Allianz
muss sich fragen lassen, was für einen Verbündeten sie sich im
Pulverfass „Naher Osten“ zugelegt hat. Das einzige Hoffnungszeichen
in diesen trüben Tagen in Ägypten, aber auch für das Verhältnis der
Weltreligionen zueinander, sind die vereinzelten gemeinsamen
Demonstrationen gegen Gewalt von Christen und Muslimen im Land am
Nil. Leider überwiegen jedoch die Bilder von Hass. Und je schneller
die ägyptischen Behörden mit Erklärungen zum widerlichen Anschlag auf
koptische Christen bei der Hand sind, umso mehr ist Skepsis
angebracht. Es ist zu einfach, El Kaida die Verantwortung für die
Bluttat zuzuschreiben und dann wieder zur Tagesordnung überzugehen.
Richtig ist, dass es bei radikalen Kräften ein Interesse daran gibt,
den Kampf der Religionen anzuheizen. Solch ein Anschlag soll seine
Wirkung entfalten, wenn die Detonation längst verhallt ist und die
Opfer begraben sind. Misstrauen, Wut und Hass zwischen Muslimen und
Christen soll er sähen. Die Saat geht auf. Allerdings wird durch das
Ereignis auch deutlich, wie marode das ägyptische System ist. Von
Demokratie ist dort keine Spur zu finden. Seit Jahren werden die
Christen auch von offizieller Seite unterdrückt, Angriffe auf sie
nicht aufgeklärt, muslimische Hetze geduldet. Auf diesem Nährboden
gedeihen Anschläge wie der von Alexandria. Präsident Mubarak arbeitet
derweil daran, seinen Sohn zum Nachfolger aufzubauen. Eine Art
Erbfolge hat nichts mit Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu tun.
Auf genau diesen Husni Mubarak setzt der Westen, wenn es darum geht,
Stabilität im Nahen Osten zu schaffen.

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