Neue Westfälische (Bielefeld): KOMMENTARE Kommentar Optimismus in der deutschen Metallbranche Jenseits der Rituale ALEXANDRA JACOBSON, BERLIN

Jetzt beginnt wieder die Zeit der Rituale. In
der bevorstehenden Metalltarifrunde wird die Gewerkschaft einen
„ordentlichen Schluck aus der Pulle“ verlangen und möglichst noch
einen Nachschlag obendrauf. Der Arbeitgeberverband wird darauf
bestehen, dass „die Kirche im Dorf gelassen wird“. Jenseits dieser
Konfliktlinien lohnt sich ein grundsätzlicher Blick auf die Metall-
und Elektrobranche. Was man da sieht, gibt zu Optimismus Anlass. Wer
hätte in der tiefen Krise 2009 auch nur geahnt, dass sich vor allem
die Automobilindustrie derart schnell wieder erholen würde? Was ist
damals nicht alles, auch von namhaften Wirtschaftswissenschaftlern,
prophezeit worden: dass die deutschen Autobauer am Weltmarkt
vorbeiproduzierten, dass die Sättigungsgrenze global erreicht sei
und, und, und. Zwei Jahre später werden weltweit so viele deutsche
Autos verkauft wie nie zuvor. Das spricht nicht nur für die
Innovationskraft der Betriebe, sondern auch dafür, dass Unternehmer
und Gewerkschaften die Krise besser eingeschätzt haben als viele
sogenannte Experten. Den Sozialpartnern war früh klar, dass es sich
trotz der Dramatik nur um einen konjunkturellen Einbruch und eben
nicht um eine grundsätzlich strukturelle Krise handelte. Wie es die
Tarifauseinandersetzung erfordert, wird nun das Klassenkampfvokabular
wieder ausgepackt. Doch weder IG-Metall-Chef Berthold Huber noch
Arbeitgeberpräsident Martin Kannegiesser gehören zu den
Scharfmachern. Ein Abschluss mit einer Sechs vor dem Komma ist zwar
unwahrscheinlich, aber vielleicht reicht es für eine Drei. Part der
Politik wird es sein, die richtigen Rahmenbedingungen zu setzen. Ganz
oben auf der Wunschliste prangt die Eurorettung. Aber auch Maßnahmen
gegen den ausufernden Niedriglohnsektor oder zur Fachkräftegewinnung
stehen auf der Tagesordnung.

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