Das bevorstehende Ende des Gaddafi-Regimes ist
für die NATO ein dringend benötigter Leistungsnachweis: Er belegt,
dass die Allianz – geprügelt und geprüft in Afghanistan – immerhin in
der Lage ist, hinreichende Kräfte gegen einen Gegner vom Kaliber des
libyschen Obersten zu mobilisieren. Und sie hat das Land nach vier
Jahrzehnten von einem ebenso brutalen wie bizarren Regime befreit.
Jawohl – es hat ein halbes Jahr gedauert, länger als in Brüssel
erhofft. Aber der Einsatz hat sich nicht endlos hingezogen. Richtig –
auch in diesem Krieg wurden die Gräuel nicht nur von einer Seite
verübt. Die Rebellen haben ebenfalls unschuldiges Blut vergossen.
NATO-Bomben haben auch Zivilisten, darunter Kinder und Kranke
getötet. Es gibt aber nach bisherigem Stand keinen Anlass für den
Verdacht, die Operation „Vereinigter Beschützer“ habe mehr Unheil
angerichtet, als sie verhindern sollte. Politisch ist die NATO
rabiater zu Werke gegangen als militärisch: Das UN-Mandat wurde
überdehnt. Der Auftrag lautete „Schutz der Zivil-Bevölkerung“. Die
Allianz verlängerte das in einen Auftrag zum Sturz Gaddafis und zum
militärischen Flankenschutz für die Widerständler. Die NATO hat sich
der Aufgabe keineswegs so geschlossen und schlagkräftig gestellt, wie
sie vorgibt. Von 28 Verbündeten hat nur ein knappes Drittel
mitgemacht. Und auch wenn Franzosen und Briten schließlich die
Hauptlast der Luftangriffe getragen haben, war die fatale
Abhängigkeit der europäischen Verbündeten von den USA – Aufklärung,
 Munition – ein weiteres Mal offenkundig. Diesen Mangel hat
Deutschland, größter EU- Staat, mitzuverantworten. Am Erfolg des
Luftkriegs in Libyen kann es keinen Anteil reklamieren. Auch wenn es
im Nachkriegslibyen ungemütlich werden kann  – Berlins
Ohnemich-Haltung ist beim Blick auf das Ende der Kampagne noch
falscher, als sie zu Beginn war.
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