Unangenehme Wahrheiten sind alles andere als
sexy. Politiker, die auch nur das geringste Interesse an ihrer
Wiederwahl haben, meiden sie, wie der Verteidiger das Fummeln vor dem
eigenen Strafraum. So blitzt die Wahrheit über das deutsche
Gesundheitssystem nur sporadisch auf: Das deutsche Gesundheitssystem
zählt nach wie vor zu den besten der Welt. Solche qualitativ
wertenden Aussaugen sind im internationalen Vergleich nur mit großem
Aufwand wissenschaftlich zu objektivieren. Die Kundenbefragung, ein
in der Wirtschaft längst alltägliches Marketinginstrument, ist eine
elegante Möglichkeit, Qualitätskriterien abzufragen und zu
vergleichen. Mit diesem Instrument wird Qualität vielleicht nicht
objektiv, aber doch vergleichbar durch die Augen der Verbraucher, in
diesem Fall der Patienten beurteilt. Die vorliegende Studie zeigt in
vielen Einzelheiten: In allen Ländern berichten Patientinnen und
Patienten von negativen Erfahrungen. Überall läuft mal was schief.
Doch die deutschen Patienten nehmen das dann wohl doppelt übel. Wie
sonst wäre zu erklären, dass nur 34 Prozent der deutschen Befragten
sich sehr gut oder ausgezeichnet behandelt fühlen? Die englischen
Patienten zum Beispiel, die im Vergleich zu deutschen Leidensgenossen
nun wahrlich weniger zu lachen haben, vergeben die Bestnoten zu 62
Prozent. Immerhin: 87 Prozent der deutschen Patienten fühlen sich gut
oder besser behandelt. Dennoch will ein Viertel aller Befragten eine
komplette Reform des Systems. Warum? Weil womöglich eine Mehrheit der
Patienten nach vielen Jahren der Gewöhnung die hohe Qualität des
deutschen Gesundheitssystems nicht mehr zu würdigen weiß. Da ist
manches zu selbstverständlich geworden. Reisen bildet. Man wünscht es
niemandem, aber auf einer Auslandsreise krank zu werden, bildet
ebenfalls.
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