Neue Westfälische (Bielefeld): Qualifikation und Integration 20:45 Uhr BERNHARD HÄNEL

Heimspiel oder eher doch ein Auswärtsspiel?
Heute Abend werden wir wissen, welche Farben den größeren Block
bilden beim Qualifikationsspiel zur Fußballeuropameisterschaft im
Berliner Olympiastadion. Bundestrainer Joachim Löw rechnet mit 40.000
Türken, die das Team im roten Trikot frenetisch anfeuern werden.
Darauf stellt er die Spieler ein, speziell Mesut Özil. Der Geborene
Gelsenkirchener, zwischenzeitliche Bremer und Neu-Madrilene hat einen
anderen Nationalitätsbegriff als Hamit Altintop, der zwar am gleichen
Ort geboren wurde, sich aber dennoch entschied für das Herkunftsland
seiner Eltern gegen den Ball zu treten. Für Özil „kam keine andere
Nation infrage“. Ebenso für Altintop, der noch immer keinen Frieden
gefunden hat mit seines Kollegen Entscheidung. Der Konflikt zweier
junger Balltreter, deren Lebensentscheidung dieser Tage zwei Nationen
bewegen. Zwei gegensätzliche Entscheidungen, an denen der Status der
Integration der Zuwanderer und ihrer Integration ins „Tschland, oh
Tschland“ ablesbar ist. Was auch immer sie tun und sagen, sie sind
Ausländer, ob in der Türkei oder in Deutschland. Diese eigenartige
Befindlichkeit wird auch die Atmosphäre auf den Rängen des
Olympiastadions widerspiegeln. Heute schwenken viele die Fahne mit
dem HalBmond, die gestern bei der Weltmeisterschaft in
schwarz-rot-gold schwelgten. Selbst Thilo Sarrazin müsste das
nachvollziehen können. Vor dem Anpfiff und auch am Ende des Spiels
sollte eines klar sein: Dies ist kein Kampf der Kulturen, sondern
lediglich das Zusammentreffen zweier Fußballmannschaften mit
unterschiedlicher Spielkultur und Mentalität. Für das Zusammenleben
und -wachsen ist der Alltag auf den Plätzen und Straßen wichtiger,
denn auf dem grünen Platz heute ab 20:45 Uhr.

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