Nun hat sich die SPD auf ihrem Parteitag gerade noch mal 
berappelt. Die Delegierten sind nicht in Flügeln zerstritten nach Hause 
gefahren. Sie haben das neue Führungsduo Esken/Walter-Borjans mit ordentlichem 
bzw. gutem Ergebnis gewählt und sich auf einen neuen, deutlich linkeren Kurs in 
ihrem Leitantrag verständigt. Nachdenklich macht jedoch, dass gerade die 
Wortführer eines linken Kurses bei den Vorstandswahlen ausgeschieden sind. Ralf 
Stegner und Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller haben nach dem 
ersten Wahlgang frustriert aufgegeben. Müller ist immerhin der einzige 
Sozialdemokrat, der Forderungen des Leitantrages schon in praktische Politik 
umgesetzt hat. Seinen radikalen Mietendeckel in der Hauptstadt haben seine 
Parteifreunde nicht belohnt. Das ist seltsam und zahlt nicht auf die 
Glaubwürdigkeit der Partei ein. Die Glaubwürdigkeit ist aber das zentrale 
Problem der Genossen. Das ewige Hin und Her bei den Hartz-Reformen hat nicht zur
Verlässlichkeit beigetragen. Statt die Reformen zu verfechten und gleichzeitig 
die Fehler darin zu korrigieren, das hat die SPD versäumt. Stattdessen wurde 
gestritten. Deshalb sind die neuen Beschlüsse nicht mehr als die letzte Chance 
für die einst große Partei, die so viele Verdienste für sich reklamieren könnte.
Positiv zu bewerten sind die Forderungen nach mehr Investitionen. Auch wenn 
damit die Frage nicht beantwortet ist, ob die Länder und vor allem die Kommunen 
Kapazitäten hätten, diese Gelder zu nutzen. In Bielefeld zum Beispiel sind daran
Zweifel berechtigt. Schon heute verhaspelt sich die Verwaltung des 
OWL-Oberzentrums an all den vielen Möglichkeiten und Notwendigkeiten. 
Individuelle und strukturelle Fehler, mangelndes qualifiziertes Personal und 
ungenügende Konzepte machen es fast unmöglich, die erforderliche Klimawende zu 
bewerkstelligen. Die kommenden Monate werden entscheiden, ob die SPD die sich 
selbst verschaffte Chance nutzen kann. Es bedarf einer Alltagseinigkeit. Die 
Genossen dürfen nicht in wenigen Tagen ihre Beschlüsse wieder in Zweifel ziehen.
Auch wenn sie feststellen, dass sie nie eine linke Politik so machen können wie 
die Linke. Denn so weit nach links zu rücken, wäre ein strategischer Fehler. 
Mehrheiten sind für die SPD dort nicht zu holen. Norbert Walter-Borjans und 
Saskia Esken müssen als Duo absolut funktionieren und daran arbeiten, das 
SPD-typische übereinander Reden und Schimpfen der Strömungen zu beenden. Nur 
dann können die Sozialdemokraten noch eine Chance haben.
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