Neue Westfälische (Bielefeld): Weltmeister Spanien Adios, Krise? RALPH SCHULZE, MADRID

Große Freude kann durchaus heilsam sein. Solange
sie nicht in blinde Euphorie mündet. Nach dem verdienten Gewinn des
Fußball-WM-Titels beweist Spanien, dass es auch im Feiern Meister
ist. Eine wunderbare Fiesta-Laune, die ansteckt. Der historische
Triumph in der wohl populärsten Sportart der Welt ist für die Spanier
wie Balsam für die geschundenen Seelen. Sicher ist jetzt schon: Die
großartige Leistung der königlichen Kicker hat einen
Stimmungsumschwung bewirkt, der Volk, Unternehmer und Politiker
optimistischer in die Zukunft schauen lässt. Eine höchstwillkommene
Ablenkung in einer tiefen Finanz- und Wirtschaftskrise, die Millionen
Menschen arbeitslos machte und in den Ruin trieb. Nun kommt es darauf
an, aus dem Siegestaumel Energie zu schöpfen, um den Karren aus dem
Dreck zu ziehen. Das Glücksgefühl, das Patriotismus und Stolz einer
großen Nation zu neuem Leben erweckte, in Tatkraft zu verwandeln. Aus
dem Stimmungshoch wieder ein Wirtschaftshoch zu machen. Eine Chance,
die nicht zu unterschätzen ist. Konjunktur und Psychologie haben viel
miteinander zu tun. Der Sport ist nicht nur Spektakel, sondern auch
ein gutes Geschäft und wichtiger Türöffner. Im Fußball, Basketball
und Tennis sind die Spanier derzeit die Nummer eins. Dies kann der
„Marke Spanien“ helfen, wieder auf die Beine zu kommen. Soweit das
positive Image von einer soliden Wirtschaftspolitik begleitet wird.
Was nicht einfach sein dürfte mit der Sozialistenregierung Zapatero,
die nach schlechtem Krisenmanagement viel Ansehen verlor. Doch
Zapatero setzt darauf, dass der kollektive Fußballrausch das
angeknackste „Vertrauen und Selbstbewusstsein hebt“. Wenn Spanien aus
seinem Fußballtraum erwacht und die Wirklichkeit immer noch düster
aussieht, dann könnte aus dem Rausch ein schmerzhafter Kater werden.

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