Mit dem Berliner Atomkompromiss ist der Streit
um die künftige Energiepolitik nicht beendet, er wird nur auf eine
andere Ebene verlagert. Jetzt sitzen die Widersacher der
Bundesregierung in den Ländern und sie haben gute Argumente und
wirksame Instrumente, um die Pläne von CDU,CSU und FDP zu
durchkreuzen. Neben Sicherheitsaspekten und der völlig ungelösten
Endlagerfrage spricht gegen den Kompromiss, dass der versprochene
schnelle Zuwachs an erneuerbaren Energien durch die erheblich längere
Verfügbarkeit von Atomstrom mindestens gebremst, wenn nicht gestoppt
wird. Investitionen in andere Netze und eine andere
Kraftwerksstruktur – Voraussetzung für einen höheren Anteil von
Windenergie an der Stromerzeugung – werden unterbleiben, weil der
Druck, auf diesem Gebiet voranzukommen, geringer wird – mit negativen
Konsequenzen für die Chancen dieser Branche. Juristischer Dreh- und
Angelpunkt ist die Frage, ob für die Wende in der Atompolitik die
Zustimmung des Bundesrats erforderlich ist. Dass die Bundesregierung
Nein sagt, ist nicht verwunderlich, schließlich hat sie seit der
NRW-Wahl keine Mehrheit mehr in der Ländervertretung. Die
Erfolgschancen der angekündigten Verfassungsklage sind aber nicht
schlecht. Das Bundesumweltministerium kam in einem Gutachten selbst
zu der Erkenntnis, dass jegliche Laufzeitverlängerung der Zustimmung
der Länder bedarf. Die Bundesregierung wäre klüger beraten gewesen,
den Konsens nicht mit den großen Konzernen, sondern mit den Ländern
und damit mit den anderen Parteien zu suchen. Energiepolitik braucht
Verlässlichkeit. Jetzt kommt zehn Jahre nach dem Ausstiegsbeschluss
der Ausstieg aus dem Ausstieg. Wer garantiert, dass nicht in ein paar
Jahren unter einer anderen Regierung das Ruder wieder herumgeworfen
wird?
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