neues deutschland: Anleihenkauf der EZB¶: Kein Regen in Athen¶

Man kann politische Entscheidungen auch
technokratisch ausdrücken. Wie der Chef der Europäischen Zentralbank
(EZB), Mario Draghi, am Donnerstag. Da beschloss seine Institution,
einen Geldregen über die Eurozone niedergehen zu lassen. Nur das
widerspenstige Griechenland bleibt vorerst trocken. Die obersten
Währungshüter in Frankfurt sind natürlich so schlau, nicht offen
auszusprechen, dass sie keine Anleihen von einem Land aufkaufen
wollen, dessen Bevölkerung gerade gegen die Herrschaft der Troika aus
EZB, EU-Kommission und Internationalem Währungsfonds (IWF)
aufbegehrt. Schließlich haben die Griechen mittlerweile genug vom
rücksichtslosen Sparen bis aufs letzten Hemd und werden am Sonntag
vermutlich das Linksbündnis SYRIZA um Alexis Tsipras wählen. Da fällt
der EZB ganz schnell ein, dass unter ihr Anleihenkaufprogramm
grundsätzlich nur Wertpapiere mit einem »Investmentgrade«-Rating
fallen sollen. Athens Anleihen weisen ein so gutes Rating jedoch
nicht auf. Deswegen wird es dort erst mal keinen Geldregen geben, der
dem Land ein wenig Luft verschaffen könnte. Doch die EZB hat sich ein
Hintertürchen aufgelassen: Unter strengen Bedingungen können solche
Anleihen wie die griechischen doch aufgekauft werden – wird derzeit
kolportiert. Etwa wenn die Bevölkerung eine Regierung wählt, die
nicht zu aufmüpfig gegenüber der Troika sein wird. Man könnte so
etwas auch Erpressung nennen.

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