Die Proteste in Frankreich gegen die
Arbeitsrechtsreform mit dem Motto „Nuit debout“ (Wache Nacht) haben
eine ähnliche Kraft wie die 68er Bewegung, meint der Mathematiker und
Arbeitspsychologe Jean-Marie Kneib. „Viele Menschen wollen wieder
Kollektivität in die Arbeitsverhältnisse bringen, diese kollektiv
diskutierbar machen“, sagt Kneib im Interview mit der in Berlin
erscheinenden Tageszeitung „neues deutschland“ (Mittwochausgabe).
„Vor diesem Hintergrund glaube ich, dass diese Bewegung vielleicht
stärker ist als die vom Mai 1968, in dem Sinne, dass sie kollektive
Belange dort wieder begründet, wo sie verschwunden schienen“, so
Kneib. Er ist selbst seit dem 31. März im Rahmen der Besetzung des
Platzes der Republik in Paris aktiv.
Die Bewegung werfe die Frage nach dem zentralen Stellenwert von
Arbeit bzw. Erwerbsarbeit in der französischen Gesellschaft auf. Es
gehe nicht allein um die Arbeitsbedingungen. „In meinen Augen würden
sich die Gewerkschaften täuschen, wenn sie nun als Alternative zum
Bestehenden die 32-Stunden-Woche in den Mittelpunkt rücken möchten,
wie die CGT den Anschein gibt. Eine auf 32 Stunden wöchentlich
reduzierte Arbeit, die aber keinen Sinn hat und den Planeten zerstört
– das interessiert die Leute von »Nuit Debout« nicht.“
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