Neues Deutschland: Atompolitik

Rot-Grün hat dreieinhalb Jahre gebraucht, bis nach
der Amtsübernahme 1998 der damals vielfach als »faul« kritisierte
Atomkompromiss in Kraft trat. Als Sargnagel für Rot-Grün wurde er
unter anderem interpretiert. In der Koalitionsvereinbarung war
freilich ein »unumkehrbares« Gesetz verabredet worden. Insofern ist
es kein Wunder, wenn die schwarz-gelbe Bundesregierung nun ebenfalls
ein wenig braucht, ihre restaurativen Vorstellungen in die Tat
umzusetzen. Doch muss man feststellen, dass vom »unumkehrbaren«
Ausstieg nicht die Rede sein kann. Ferner, dass alle damals von
Rot-Grün an den Tag gelegte Zurückhaltung gegenüber den
Energiekonzernen fehl am Platze war, da diese sich nun
augenscheinlich rächt – die Atomindustrie ist weit davon entfernt,
die langfristigen Interessen des Landes ihren eigennützigen
voranzustellen. Denn die Förderung erneuerbarer Energien braucht
gleichzeitige zielstrebige Einschränkung der Atomenergie, durch
politische Steuerung. Das Gegenteil war Ziel gestern im Kanzleramt.
Auch wenn die Ergebnisse zunächst noch nicht vorlagen – alle
diskutierten Varianten dürften schwerwiegende Folgen haben. Weil jede
Laufzeitverlängerung dem Ausbremsen der erneuerbaren Energien
gleichkommt. Wegen der Risiken, die in der Kernkraft liegen und dem
ungeklärten Müllproblem. Womöglich allerdings auch für die jetzige
Regierung. Vom Sargnagel wird nun zu Recht wieder die Rede sein.

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