Neues Deutschland: Die Logik der Ratlosigkeit

Man werde zur Unterstützung aufbegehrender Massen
in arabischen Diktaturen notfalls Gewalt einsetzen, schrieben der
britische Premier Cameron und sein derzeitiger Gast, US-Präsident
Obama, in der Dienstagausgabe der »Times«. Die Drohung ist
unverhohlen, nicht gegen die Saudi-Prinzen gerichtet und letztlich
irgendwie hilflos.

Allenfalls ein paar Wochen sollte es dauern, bis Gaddafi
vertrieben ist. So hatte es vor zwei Monaten zu Beginn des
Libyen-Bombardements geheißen. Die NATO und deren treibende Kräfte in
Paris und London haben ihre Macht über- und das Beharrungsvermögen
der Gaddafi-Getreuen unterschätzt. 8019 NATO-geführte Lufteinsätze,
Ausbildungs- und Ausrüstungshilfe sowie propagandistischer und
politischer Rückhalt haben den Bengasi-Rebellen nur zum Patt
verholfen. Bald beginnen die lähmende Hitze des Sommers und der
Ramadan. Beides wird den Elan der Aufbegehrenden nicht beflügeln.

Beflügelt wird aber die französische Opposition. Genau das will
Präsident Sarkozy angesichts der bevorstehenden
Präsidentschaftswahlen unbedingt vermeiden. Auch jenseits des Kanals
fragen sich immer mehr Menschen, wieso sie zur Staatssanierung
gezwungen werden, wenn die Regierung Milliarden rausschmeißt, um
Konzernen »ihre« Ölfelder wieder zu beschaffen. Was folgt? In der
NATO-Logik: Eskalation des Mordens. Dagegen sollte Deutschland
endlich Verhandlungskanäle öffnen.

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