neues deutschland: Protestforscher Rucht: „Regenbogenfahne passender als die rote Fahne“

Nach Ansicht des profilierte Protestforschers
Dieter Rucht vom Wissenschaftszentrum in Berlin (WZB) gibt es in
Deutschland keine Entpolitisierung. Vielmehr habe sich die junge
Generation veränderten Formen und Orten des politischen Protests
zugewandt, erklärte der Sozialwissenschaftler mit Blick auf den 1.
Mai im Gespräch mit der in Berlin erscheinenden Tageszeitung „neues
deutschland“ (Wochenendausgabe): „Grundsätzlich geht es nicht um das
Hochhalten möglichst vieler roter Fahnen an einem besonderen Tag,
sondern um ein zähes und langatmiges emanzipatorisches Engagement.“
Nur noch wenige rechneten sich der Arbeiterklasse oder dem
Proletariat zu, weshalb „als Symbol heute die Regenbogenfahne
passender als die rote Fahne“ erscheine. Klassisch gewerkschaftliche
Protestformen seien nicht mehr zeitgemäß. Das zeige sich auch daran,
dass der gewerkschaftliche Organisationsgrad langfristig sinke und
die Arbeitnehmervertretungen zunehmend als „verknöchert, hierarchisch
und unattraktiv“ gelten. Den radikal linken Kräften wiederum hafte
das mediale Zerrbild von „Krawallmachern“ an, gegen das schwer
anzukommen sei. Dessenungeachtet bleibe der Straßenprotest aber
weiterhin „ein wichtiges Mittel von Protestgruppen jeglicher
Couleur“, was sich insbesondere in den nach wie vor starken
Gegenbewegungen zu rechten Demonstrationszügen zeige.

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