All zu viel Anstand durfte man von den führenden
Köpfen aus der ausländerfeindlichen Pegida-Bewegung und der
rechtspopulistischen Alternative für Deutschland ohnehin nicht
erwarten. Die Brüder im Geiste bedienen sich flott in der
Vorratskiste der Vorurteile und scheuen sich nicht, politische
Symbolik von überall her abzukupfern. Die Pegida entwickelt dabei
regelrecht kleptomanische Züge: Sie nennt ihre Massenaufläufe
Montagsdemonstrationen und entfacht dabei immer wieder den Slogan
»Wir sind das Volk«. Was vor 25 Jahren Markenzeichen einer
emanzipatorischen Bewegung waren. wird hier – zur Empörung einstiger
Bürgerrechtler – für Stimmungsmache gegen Minderheiten missbraucht.
Sie schleppen bei ihren Umzügen christliche Kreuze durch die Gegend
und wenden so – zur schweren Verärgerung von Kirchenvertretern –
Zeichen einer Religion gegen Angehörige einer anderen Religion.
Nun aber ist der vorläufige Höhepunkt der Dreistigkeit erreicht:
Nach dem furchtbaren Anschlag von Islamisten auf die Redaktion des
französischen Satiremagazins »Charlie Hebdo« vereinnahmen Pegida und
AfD die Opfer ohne Schamfrist und unverfroren für ihre Zwecke. Der
selbst für AfD-Verhältnisse rechte Brandenburger Fraktionschef
Gauland behauptet, angesichts des Attentats gewönnen die Forderungen
von Pegida »besonderes Gewicht«. Und die Pegida-Organisatoren fordern
ihre Anhänger auf, nächsten Montag mit Trauerflor für die
Anschlagsopfer zu erscheinen. So versuchen Rassisten, Profit aus
einem Mordkomplott gegen Antirassisten zu ziehen. Provinzielle
Kleingeister missbrauchen das Andenken an weltoffene Freigeister.
Leute, die von früh bis abends über die angebliche Lügenpresse
lamentieren, heucheln Trauer um linke, undogmatische Medienmacher.
Das ist politische Leichenschändung.
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