Neues Deutschland: zu Euro-Finanzminister und Griechenland

Die Finanzminister der Euro-Staaten sind sich nach
wie vor uneins, wie man in der Schuldenkrise Griechenlands
weiterverfahren soll. Das gilt insbesondere für die Frage der
Beteiligung privater Gläubiger. Diese sollen zum freiwilligen
Mitmachen gedrängt werden, so die Kompromissposition. Doch wie das
gehen soll, ist unklar. Einen schwarzen Schimmel hat ja auch noch
niemand gesehen. Die Handlungsunfähigkeit hier soll überkompensiert
werden durch einen derart verschärften Druck auf Griechenland, dass
man wohl von Nötigung sprechen muss: Stimmt das Parlament in Athen
dem neuen Spar- und Privatisierungspaket der Regierung nicht zu, gibt
es die dringend benötigte nächste Tranche aus den EU-/IWF-Hilfen vom
vergangenen Jahr nicht. Dabei hat Athen deren Kriterien bisher
erfüllt und damit Anspruch auf die nächste Zahlung. Durch dieses
Vorgehen verschärfen die Euro-Partner nicht nur die soziale und
politische Krise in Hellas, sondern sie liefern das Land auch noch
stärker dem skandalösen Treiben an den Finanzmärkten aus. Statt zügig
ein zweites Kreditpaket mit niedrigen Zinsen auf den Weg zu bringen,
damit Griechenland eine mittelfristige Reform- und
Wachstumsperspektive erhält, sorgt die Bundesregierung wie im Vorjahr
für Verzögerung, wodurch sich die Probleme weiter zuspitzen. Die EU
misst noch immer mit zweierlei Maß: Die Gläubiger werden mit
Samthandschuhen angefasst – beim Schuldner werden die Daumenschrauben
angezogen.

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