Neues Deutschland: zu NATO und Libyen

Seit Mittwoch hört im Krieg gegen Libyen alles auf
das NATO-Kommando. Oder möglicherweise auch nicht. Denn kaum hat der
Nordatlantik-Pakt nach langem Hin und Her die Befehlsgewalt für die
von einigen arabischen Ländern unterstützten Militäroperationen des
Westens über und vor dem nordafrikanischen Land übernommen, tun sich
in der Allianz neue Gräben auf. Jetzt streitet man darüber, ob die
Aufständischen nicht nur wie bei den heftigen Gefechten zwischen
Rebellen und Regierungstruppen um die strategisch wichtige Ölstadt
Ras Lanuf massive Luftunterstützung durch Bombardements erhalten
sollen, sondern auch direkte Hilfe am Boden durch Waffenlieferungen.
Frankreich drängte zuerst darauf, nun können sich das auch die USA
vorstellen und lesen die schwammige UN-Resolution ebenfalls mit ihrer
ganz speziellen Brille. Aber nicht jeder in der Allianz will einer
solchen Interpretation folgen. Noch sperrt sich auch
NATO-Generalsekretär Rasmussen gegen diese ungedeckte Auslegung des
Mandats, weiß er doch am besten, wie mühsam es schon war, alle
Bündnismitglieder unter den augenblicklichen Kriegshelm zu bekommen.
Doch der Druck wächst, befindet sich die nach Einschätzung von
US-Militärs chaotisch agierende Anti-Gaddafi-Guerilla doch inzwischen
wieder auf dem Rückzug. Und so war aus Paris schon forsch zu hören,
wenn die NATO zu »schüchtern« operieren sollte, müsse man eben über
unilaterale Aktionen nachdenken.

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