Eine Warschauer Zeitung brachte es gestern auf den
Punkt: »Ihr habt jetzt alle Macht. Zeigt, was ihr anzubieten habt.«
Ihr, das ist die liberal-konservative Bürgerplattform (PO), die neben
dem Regierungschef mit Bronislaw Komorowski nun auch das
Staatsoberhaupt stellt. In den zwei Jahrzehnten nach der polnischen
Wende gab es bisher kaum eine solche Machtfülle für eine Partei. Die
Frage ist nur, was sie daraus macht. Ob Brüssel, Berlin oder
Moskau, jenseits der Grenzen atmet man auf, hofft man doch nach dem
zutiefst national-konservativen, euroskeptischen und
russlandfeindlichen Vorgänger auf bessere Zusammenarbeit. Aber auch
im Lande hat es Lech Kaczynski der von PO-Chef Donald Tusk geführten
Regierungskoalition nicht leicht gemacht und 18 Mal Gesetze mit
seinem Veto blockiert. Nur war er damit zugleich der beste Buhmann
für eine Regierung, die sich bislang nicht mit Ruhm bekleckert hat.
Die Staatsverschuldung wächst immer bedrohlicher, das Gesundheits-
und das Rentensystem müssen dringend saniert werden. Wer aber
verhindert, dass die wiederholt angekündigten »Reformen« zur sozialen
Rosskur werden? Und wie ernst meint es der letztlich nur dank linker
Stimmen gewählte Antikommunist Komorowski, wenn er verspricht, die
Spaltung im Lande zu überwinden? Die Antworten darauf werden die 500
Tage bis zu den nächsten Parlamentswahlen in Polen prägen. Der
Wahlkampf hat schon begonnen.
Pressekontakt:
Neues Deutschland
Redaktion / CvD
Telefon: 030/2978-1721