Neues Deutschland: zur Debatte um Hartz IV

Auf Wiedersehen vorm Bundesverfassungsgericht! Die
nun bekannt gewordene Regelsatzerhöhung um nicht einmal 20 Euro ist
eine dreiste Missachtung des Urteilsspruchs aus Karlsruhe. Die
Richter hatten im Februar nicht nur eine Neuberechnung der
Hartz-IV-Regelsätze gefordert, sondern gleichzeitig angemahnt, dass
die neuen Beträge ein »menschenwürdiges Existenz- und
Teilhabeminimum« garantieren müssten. Studien zahlreicher
Sozialverbände haben gezeigt, dass dazu ein Regelsatz von weit über
400 Euro nötig wäre. Die Bundesregierung bleibt weit darunter und
verfehlt somit die Vorgaben aus Karlsruhe. Die strikte
Geheimhaltung der letzten Wochen hat zudem den Verdacht genährt, dass
sich die Regierung in aller Stille einen politisch genehmen Betrag
zusammenrechnet. Warum sonst verweigert man der Opposition die
Einsicht in die zur Berechnung notwendigen Rohdaten der Einkommens-
und Verbrauchsstrichprobe? Keine Spur von einem nachvollziehbaren
oder transparenten Verfahren. Sehenden Auges strebt man in den
Verfassungsbruch. Hauptsache, die Sache kostet den Bund möglichst
wenig. Offenbar lässt man sich von dem zynischen Kalkül leiten, dass
eine Entscheidung des Gerichtes in der Sache wahrscheinlich wieder
Jahre auf sich warten lassen wird. Diese dreiste Missachtung eines
Verfassungsorganes wäre eigentlich ein Fall für jenen Geheimdienst,
der sich den Schutz des Grundgesetzes auf die Fahnen geschrieben hat.

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