Neues Deutschland: zur Kritik an Google

Es scheint Zeitalter zurückzuliegen, dass erhitzt
über Videokameras auf öffentlichen Plätzen diskutiert wurde. Damit
würde eine flächendeckende Überwachung eingeleitet, befürchteten die
Kritiker. Niemand soll sagen, dass die Befürchtungen nicht
eingetroffen wären. Die Kameras sind unauffällige Begleiter bei immer
mehr alltäglichen Gängen und Tätigkeiten. Auf Kreuzungen, Bahnhöfen,
in öffentlichen Verkehrsmitteln, an Bankschaltern oder Kaufläden und
-häusern. Nur: Es stört kaum noch jemanden. Und Kritiker haben einen
schlechten Stand, wenn etwa der Überfall zweier Jugendlicher auf
einen Rentner in der Münchner U-Bahn erst mit Hilfe einer Videokamera
aufgeklärt werden kann. Doch zugleich schreitet die Erosion
persönlicher Freiheiten und Privatheit lautlos voran. Politik und
Wirtschaft sorgen Hand in Hand für Durchschaubarkeit des angeblichen
Souveräns Bürger oder Kunde – bei Demonstrationen, auf Flughäfen, im
Internet und in Kundenkarteien. Google ist nicht besser oder
schlechter als andere Unternehmen, nur ist die Öffentlichkeit
persönlicher Daten hier außer Mittel auch noch Zweck, nämlich
Produktbestandteil selbst. Erfolg macht dreist, und Google selbst
legt plötzlich Regeln fest, über die sich die Politik noch gar keine
Gedanken gemacht hat. Vier Wochen Einspruchsfrist gegen die sichtbare
Darstellung des eigenen Hauses und keine Möglichkeit, gegen diese
Frist vorzugehen. Die Bundesregierung beschwört nun den guten Willen
des Unternehmens, bittet quasi um notarielle Beglaubigung des
politischen Armutszeugnisses. Die Politik als Bittsteller der
Wirtschaft. Fast muss man Google für diese erneute Bestätigung
dankbar sein.

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