Neues Deutschland: zur Lage um Korea

Granaten sollen von Nord- nach Südkorea geschossen
worden sein, zwei Soldaten sind tot. Die Klage ist groß und die Angst
der Menschen vor Krieg verständlich. Die von der Regierung in Seoul
geäußerte Empörung – in die der Westen unisono eingestimmt hat – wäre
allerdings plausibler gewesen mit einer Antwort auf den Vorhalt des
Nordens, die ersten Geschosse gestern seien von Süd nach Nord
geflogen und erst dann auch umgekehrt.  Es ist ein
Grenzzwischenfall, wie er nicht das erste Mal passierte in den vielen
Jahrzehnten des Nichtfriedens an dieser letzten Grenze des kalten
Krieges. Bei mancher Äußerung westlicher Politiker drängt sich
allerdings der Eindruck auf, sie bewege weniger die Sorge um Frieden
als der Gedanke an Bestrafung des Nordens. Dort, in der KDVR, hat man
bisher zur Aufklärung nicht übermäßig beigetragen. Die sparsamen
Verlautbarungen aus Pjöngjang zur Sache sind zur Deeskalation
offenbar weder gedacht noch geeignet.  Der Schusswechsel hat
aber eine politische Vorgeschichte, die nicht ausgespart werden kann.
Lee Myung Bak, Präsident der Republik im Süden, hatte 2008 erklärt,
dass es vorbei sei mit der »Sonnenscheinpolitik«, also der Annäherung
an den Norden. Seitdem wurde der Ton schärfer, es kranken die
gemeinsamen Wirtschaftszonen, und es regnet wieder
Propaganda-Flugblätter über dem Norden. Das lässt Soldatenfinger am
Abzug nervöser werden – egal, wer nun zuerst gefeuert hat.

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