NOZ: Gespräch mit Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland

Handel dringt auf Klarstellung von
Mindestlohn-Regularien

HDE will vor Weihnachtsgeschäft Erleichterungen für Aushilfen und
Jahresarbeitszeitkonten

Osnabrück. Vor dem bevorstehenden Weihnachtsgeschäft dringt der
deutsche Handel auf Nachbesserungen der Mindestlohn-Regelungen. In
einem Gespräch mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ sagte der
Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland (HDE), Stefan
Genth, in den Geschäften stünde die arbeitsreichste Zeit des Jahres
bevor. „Wir brauchen deshalb dringend eine Flexibilisierung bei den
Jahresarbeitszeitkonten“, forderte Genth. Es müsse möglich sein, im
Winter gesammelte Stunden von Aushilfen und geringfügig Beschäftigten
in anderen Phasen des Jahres abzubummeln. Dem stünden
Ausführungsbestimmungen der Mindestlohn-Regelungen gegenüber, die
Genth als „völlig weltfremd“ bezeichnete.

Auch die Aufzeichnungspflicht von Arbeitszeiten stört den Handel.
Bisher musste nur Mehrarbeit dokumentiert werden. Seit Januar ist
Beginn und Ende der täglichen Arbeit auch dann zu festzuhalten, wenn
keine Überstunden anfallen oder weit mehr als 8,50 Euro pro Stunde
gezahlt werden.

Der HDE kritisierte ferner, dass trotz entsprechender Zusagen der
Bundesregierung bisher keine Änderung bei der sogenannten
Auftraggeberhaftung erfolgt sei. „Wenn sie als Einzelhändler ein
Paket befördern lassen, dies bei der deutschen Post in Auftrag geben,
diese es dann durch einen Subunternehmer zustellen lässt und dieser
Subunternehmer keine 8,50 Euro zahlt, dann hat der Fahrer des
Subunternehmens der Deutschen Post ein direktes Klagerecht gegen den
Einzelhändler, der das Paket aufgegeben hat“, führte der HDE-Chef
aus. „Das ist absurd und kann vom Gesetz nicht gemeint gewesen sein.“

Auch bei Praktika seien noch wesentliche Fragen ungeregelt, etwa
wenn Studenten im Anschluss an einen ersten Abschluss ein
freiwilliges Praktikum absolvieren. „Dafür ist nach jetziger
Rechtslage 8,50 Euro Mindestlohn zu zahlen, weil das Praktikum formal
in keiner Studienordnung aufgeführt sei“, sagte Genth. Auf dieser
Basis würden Unternehmen keine entsprechenden Plätze anbieten.

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