NRZ: Die falschen Argumente – ein Kommentar von JAN JESSEN

Deutschland will sein militärisches Engagement im
Kampf gegen den sogenannten „Islamischen Staat“ deutlich ausbauen. Es
gibt viele Fragezeichen hinter dem Einsatz, den das Kabinett
beschlossen hat, angefangen von der Frage, ob er völkerrechtlich
statthaft ist, bis hin zu klar definierten Zielen. Die Kernargumente
insbesondere von Grünen und Linken gegen die Mission zielen aber ins
Leere. Das erste lautet: Terror lässt sich nicht militärisch
bekämpfen. Das Problem ist: Wir reden nicht über klassischen Terror.
Der IS hat ein Kernherrschaftsgebiet, er hat eine Armee. Und die muss
militärisch bekämpft werden. Mit friedlichen Mitteln allein, wie es
sich mancher Pazifist wünscht, ist dieser mörderischen und
fanatischen, dabei aber gut organisierten, hochgerüsteten und
strategisch sowie taktisch versierten Streitkraft nicht beizukommen.

Der Westen hat den Aufstieg des islamistischen Fanatismus durch
verkehrte Kriege und ein Versagen in der Nachkriegspolitik im Irak,
in Libyen und auch in Afghanistan zugelassen und befördert; zudem hat
er zugelassen, dass enge Verbündete, namentlich die Golfstaaten und
die Türkei, den Bürgerkrieg in Syrien aus eigennützigen Motiven
eskalierten, was den IS erst stark machte.

All diese dummen und falschen Kriege, dieses verantwortungsloses
Wegsehen haben zu einer Situation geführt, in der ein militärisches
Eingreifen ein alternativloser Baustein in der Strategie gegen die
globale Bedrohung IS geworden ist. Sich nicht militärisch zu
engagieren hieße, die Menschen, die unter dem IS leiden oder gegen
ihn kämpfen, schmählich im Stich zu lassen. Dass dieser Einsatz
koordiniert werden muss mit dem Iran und Russland, aber auch mit
Assads Armee, ist selbstverständlich; auch, dass ihn politische und
diplomatische Bemühungen zu einer Lösung des Syrien-Krieges
flankieren müssen. Übrigens: Wer die Finanzströme des IS austrocknen
will, muss sich auch unangenehmen Fragen stellen. Etwa, ob Partner
wie die Türkei es zulassen, dass Landsleute lukrative Ölgeschäfte mit
den Terroristen machen.

Das zweite Kernargument der Gegner des Einsatzes lautet, durch die
Ausweitung des Engagements könne Deutschland ins Fadenkreuz des
Terrorismus geraten. Übersetzt heißt das: Nur weil wir selbst
betroffen sein könnten, verraten wir lieber diejenigen, die an
vorderster Front gegen die Fanatiker kämpfen (das werden bestimmt die
von der Linkspartei so romantisierten Kämpfer im kurdischen Teil
Syriens gerne hören, die nur durch die Bombardements der US-geführten
Koalition Kobane gegen den IS verteidigen konnten). Dazu kommt: Im
Irak und in Syrien morden junge Deutsche, deren Radikalisierung
hierzulande tatenlos zugesehen wurde; und die ohne Probleme in die
Kriegszone reisen konnten. Auch deshalb ist Deutschland in der
Pflicht.

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