NRZ: Kommentar: Schützt Wulff vor sich selbst! von JAN JESSEN

Wenn ein Präsident zum Politiker wird, ist das ein
trauriges Schauspiel. Christian Wulff hat die Autorität, die dem Amt
des Staatsoberhauptes innewohnen sollte, für sein Überleben im Amt
eingetauscht. Hätte funktionieren können. Die Selbststilisierung als
Opfer böser (Medien-)Mächte erzeugt eben manchmal Mitleid. Das kann
dem Machterhalt dienen. Aber: Selbst als Politiker versagt der Mann,
der einmal präsidial war. Alles, was zur Aufklärung der offenen
Fragen nötig sei, werde ins Internet gestellt, kündigte Wulff an.
Nichts Geringeres als die Republik „zu mehr Transparenz positiv
verändern“ werde das. Was kam? Sechs Seiten Anwaltssprech – und die
Weigerung, den Wortlaut seines Anrufs bei der „Bild“ veröffentlichen
zu lassen. An dieser Veröffentlichung geht kein Weg vorbei. Es gilt
aufzuklären, ob Wulff lästige Berichterstattung verhindern oder nur
verschieben lassen wollte. Vulgo: Ob der Bundespräsident gelogen hat.
Wulff scheint nicht mehr aus eigener Kraft aus den Verstrickungen zu
kommen, in die er sich hineingewunden hat. Es geht also nicht mehr
darum, das Amt vor Christian Wulff zu schützen; langsam muss
irgendwer (hallo, Frau Merkel!) Wulff vor sich selbst schützen.

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