NRZ: Kommentar zum großen Zapfenstreich von RÜDIGER OPPERS

Die Peinlichkeiten um Christian Wulffs Amtsführung
nehmen kein Ende. Nun bekommt er seinen großen Zapfenstreich. Einen
Abschied mit Pauken und Trompeten, allen Kritikern und Ermahnungen
zum Trotz. Eigentlich durfte man hoffen, dass der Ex-Bundespräsident
endlich kapiert, wann es gut ist. Hat er aber nicht. Sein Beharren
auf den großen Bahnhof wirkt wie eine letzte Bestätigung seiner
sprichwörtlichen („wulffen“) Mitnahme-Mentalität. Motto: mein Büro,
mein Auto, meine Abschiedsparty. Wie so oft in der leidigen Affäre
gilt auch in diesem Fall: Christian Wulff schadet mit der ertrotzten
Zeremonie seiner restlichen Reputation mehr, als er ihr nützt.

Mit dem Zapfenstreich ehrt die Republik nicht eine Person, sondern
das Amt. Für dessen vielbeschworene besondere Würde hat Christian
Wulff wenig Gespür bewiesen. Im Gegenteil. Deshalb ist der feierliche
Abschied schon gar nicht unter dem Wahlspruch „Ehre, wem Ehre
gebührt“ zu rechtfertigen. Es ist die falsche Geste gegenüber einem
Staatsoberhaupt, das sich in Rekordzeit zur politischen „persona non
grata“ disqualifiziert hat. Er hat selbst den Respekt seiner
Amtsvorgänger verloren, die dem fragwürdigen Spektakel lieber
fernbleiben. Aber Christian Wulff hat noch immer nicht verstanden,
wie groß der Schaden ist, den er dem Ansehen von Politikern zufügt.
Sonst hätte er von sich aus auf „Pomp und Circumstances“ bei seiner
Verabschiedung verzichtet.

Leider wird der Zapfenstreich wohl nicht der letzte Paukenschlag
in der Affäre Wulff sein. Die Diskussion um die fürstlichen
Privilegien des Alt-Bundespräsidenten wird weitergehen. Im Umgang mit
ehemaligen Staatsoberhäuptern wäre mehr rechtsstaatliche Gelassenheit
zwar angemessen und ist jeder Neidreflex zu vermeiden, aber es ist
Wulff selbst, der den Kritikern ein leichtes Spiel bereitet. Über
Amts- und Würdenträger, die sich so konsequent daneben benehmen, sagt
man unter normalen Bürgern oft: „Das ist kein Herr“.

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