NRZ: Krafts Dilemma im Funkloch – ein Kommentar von THEO SCHUMACHER

Sicher, es gibt Probleme, die Nordrhein-Westfalen
stärker drücken als die Frage, ob und wie lange Hannelore Kraft
während ihres Urlaubs nicht über ihr Handy kontaktiert werden kann.
Doch allein ihre schnelle und persönlich verfasste Antwort an die
CDU-Opposition zeigt, dass Kraft die Brisanz erkannt hat, die in der
öffentlichen Debatte um ihr Mobilfunk-Dilemma steckt. Ferien hin,
Ferien her – als Ministerpräsidentin muss sie unbedingt den Eindruck
vermeiden, sie habe die Lage im Land nicht jederzeit im Blick.

Die SPD-Regierungschefin musste sich korrigieren. Anders als
bisher dargestellt wurde sie über den verheerenden Starkregen in
Münster schon am Tag danach durch ihren Innenminister informiert.
Kraft rudert zurück und wirkt dabei nicht souverän. Schlimmer wäre
allerdings gewesen, wenn sie tatsächlich erst mit tagelanger
Verzögerung von den Unwetter-Folgen mit Todesopfern erfahren hätte.
Auf das Verständnis von Bürgern und Wählern, die nicht nach
Funklöchern fragen, könnte sie in einem solchen Fall kaum hoffen.

Der ganze Vorgang wirft aber auch ein Schlaglicht auf den
politischen Stil, den Kraft in der Staatskanzlei und im Lande pflegt.
Ihre eigentliche Stärke, locker und wohltuend unverstellt zu reden,
hat sich diesmal als Schwäche entpuppt. Die Ministerpräsidentin
sollte inzwischen gelernt haben, wie schnell auch salopp dahergesagte
Sätze in einem vermeintlich harmlosen Polit-Talk sie später einholen
können. Mangel an Präzision mag man sich in der Opposition noch
erlauben können – an der Spitze einer Landesregierung gewiss nicht.
Dort wird er empfindlich bestraft.

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