NRZ: Steinbrücks Kampf – ein Kommentar von MIGUEL SANCHES

Es fällt schon auf, erst Gabriel, nun Steinmeier,
Oppermann. Die halbe SPD-Spitze meldet sich zu Wort und hat aus
gegebenem Anlass eine Botschaft: Peer Steinbrück bleibt
Kanzlerkandidat. Dass man es aussprechen muss, ist die eigentliche
Verlegenheit. Forsa ermittelte für die Partei bloß 23 Prozent. Die
Zahl mag von Institut zu Institut abweichen – der Trend nicht. Es
geht abwärts. Der Kandidat reißt die Partei in den Keller. Umfragen
wirken – das liegt in der Natur der Sache – wie sich selbst
erfüllende Prophezeiungen. Es gibt einen Trend – den verstärkt Forsa.
Die 23 Prozent betreffen nicht Niedersachsen. Ein Stimmungskiller
sind sie trotzdem. Wechselwähler kommen ins Grübeln. Die 23 Prozent
sprechen nicht für einen Last-Minute-Schub für die SPD. Es ist auch
ein persönliches Drama. Steinbrück wurde nicht nominiert, weil die
Basis ihn bekniet hatte. Es war weniger eine Frage der Zuneigung,
mehr des Kalküls. Für ihn sprachen Popularität, Prozente. Mit ihm
wollte man fremdelnde Wähler gewinnen. Was spricht noch für ihn, wenn
die Rechnung nicht aufgehen sollte? Respekt verdient, wie klaglos die
SPD den Ärger über manches Ungeschick ihres Kandidaten
herunterschluckt. Die Bundestagswahl ist ein langer Boxkampf, zwölf
Runden. Gerade ist der Gong zum ersten Mal ertönt, der Kämpfer der
SPD liegt in den Seilen, Auge blau, Lippe aufgeschlagen, die Betreuer
versuchen, das Blut zu stillen. Es gab schon Boxer, die auch dann
gewonnen haben. Selten. Verliert die SPD in Niedersachsen, wird eine
Diskussion aufkommen. Dann muss Parteichef Gabriel schnell handeln
und sie stoppen. Die Führung muss sich um Steinbrück scharen. Ihn
auszutauschen wäre jetzt kopflos. Es würde den Zerfallsprozess
schwerlich aufhalten. Die SPD sollte sich auf Merkel fokussieren.
Ihre Regierung wird kritisiert, sie selbst nicht. Dieses gespaltene
Bewusstsein – bei DGB-Chef Sommer zu beobachten – ist das Problem.
Die SPD muss Merkel beikommen. Dann kommt auch ihr Kanzlerkandidat
wieder in die Spur.

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