NRZ: Vereinfacht das Wahlrecht! – Kommentar von Miguel Sanches

Ist es denn zu viel verlangt? Das Wahlrecht sollte
jeder verstehen. So wie das Mehrheitswahlrecht: Wer die meisten
Stimmen hat, setzt sich durch. Oder wie das Verhältniswahlrecht:
Keine Stimme geht verloren, jede Partei erlangt Mandate nach ihrem
Ergebnis. Unser Wahlrecht ist ein Mischling: Mit Erst- und
Zweitstimmen, Listenplätzen, mit Direkt- und Überhangmandaten, mit
paradoxen Effekten, die nur noch Mathematiker verstehen. Negatives
Stimmengewicht – wie das schon klingt! Das erinnert an den geldwerten
Vorteil im Steuerrecht. Das will auch gerecht sein. Aber die meisten
Leute brauchen einen Steuerberater, um durchzublicken. Bevor wir auch
einen Wahlberater brauchen, sollte das Verfassungsgericht für
Klarheit sorgen. Union und FDP haben das Wahlrecht verkompliziert,
vielleicht gar eigennützig verschlimmbessert. Die Parteien konnten
sich nicht verständigen. Da die Politik so unversöhnlich ist, sollte
das Verfassungsgericht nach der gestrigen Anhörung schnell Recht
sprechen und auf zwei Punkte besonders achten. Erstens sollte es
eindeutige Regeln für die Wahl 2013 setzen. Der Makel der
Verfassungswidrigkeit darf gar nicht erst aufkommen. Zweitens sollten
die Richter an die Überhangmandate. Beim letzten Urteil dazu im Jahr
1997 lautete das Votum: vier zu vier. Die Richter urteilten exakt
entlang ihrer Parteipräferenz. Höchste Zeit für einen Spruch mit mehr
Akzeptanz.

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