Nur rechtlich auf der sicheren Seite zu stehen,
das kann schon für einen Ministerpräsidenten knapp werden. Für einen
Bundespräsidenten gilt das erst recht. Respekt, Autorität,
Tadellosigkeit – darauf ist das Amt gebaut. Es verträgt sich nicht
mit dem Anschein, gegen Annehmlichkeiten dienlich gewesen zu sein.
Wulff hat sich selbst in dieses Licht gerückt. Mit vergünstigten
Flügen, mit Urlaub in Luxusvillen befreundeter Wirtschaftsgrößen und
nun mit einem Kredit, dessen Anrüchigkeit er offenkundig selbst
erkannte. Warum sonst löste er dieses Darlehen in dem Moment ab, als
seine langjährigen Beziehungen als Regierungschef zu dem
Geschäftsmann aus dem heimatlichen Osnabrück zum Thema im Landtag
wurden? Wulff hat damals Parlament und Öffentlichkeit nicht direkt
belogen, als er Geschäfte mit dem Mann verneinte. Aber er hat die
volle Wahrheit mit trickreicher Wortklauberei verschwiegen. Er hat
die Anfrage der Parlamentarier bewusst eng ausgelegt, weil er
peinliche Nachfragen fürchtete. Das holt ihn jetzt ein. Wenn der
frühere Ministerpräsident meint, mit der knappen Erklärung seines
Sprechers sei alles gesagt, dann irrt er. Er muss sich dazu selbst
erklären. Denn die Vorgänge in seiner Zeit als Landespolitiker haben
einen Beigeschmack. Das Staatsoberhaupt ist eine moralische Instanz.
Es zu kritisieren und zum Gegenstand parteipolitischer
Auseinandersetzungen zu machen, gilt als Tabubruch. Das erklärt die
deutliche Zurückhaltung, mit der das politische Berlin auf die
Berichte über die niedersächsischen Freundschaftsdienste für
Christian Wulff reagiert. Sie werden dem ersten Mann im Staat noch zu
schaffen machen. Seine Autorität hat eine Delle.
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