Ostsee-Zeitung: Kommentar zu den Gesprächen mit den Taliban

Verhöhnt wurde der damalige SPD-Chef Kurt Beck von
etlichen Politikern, als er 2007 vorschlug, die Taliban in eine
Friedenslösung für Afghanistan einzubinden. 2009 dachte auch
US-Präsident Obama laut darüber nach. Nun passiert genau das: Die
Zentralregierung in Kabul und Taliban sprechen miteinander – und die
USA vermitteln. Wirklich überraschend ist dies nicht, sondern
realpolitisch nur konsequent. Auch zehn Jahre nach dem Sturz der
Taliban-Tyrannei bleibt Afghanistan ethnisch wie politisch
zerklüftet. National einig war man sich stets nur im Kampf gegen
fremde Besatzer. Der Einfluss der Zentralmacht beschränkt sich auf
die von Isaf-Schutztruppen kontrollierte Gebiete. Weite Landesteile
bleiben in der Hand von Stammes- oder Provinzfürsten, Warlords,
Drogenbaronen. Vor allem: Weder die internationale Schutzmacht und
ihre afghanischen Verbündeten noch die Aufständischen können den
Krieg gewinnen. Und der Blutzoll wächst. Es gibt wohl keine
Alternative zur Aussöhnung mit den Taliban wie zum Isaf-Abzug –
beides wird viel Zeit brauchen.

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