Ostsee-Zeitung: Kommentar zu Stuttgart 21

Auch wenn die Polizei ihren schlagkräftigen
Einsatz gegen die Demonstranten vor ein paar Tagen weiter verteidigt
– die Landesregierung Baden-Württembergs ist gestern eingeknickt und
hat einen Teilstopp der Abrissarbeiten angekündigt. Ministerpräsident
Mappus spürt, dass er mit seiner Bulldozer-Politik zu weit ging und
sich auf einer Rutsche zum Machtverlust im kommenden März befindet.
Er hat einen Rechtsstaat exekutiert, der sich bislang unfähig zur
Korrektur zeigte und damit Politik und Bürger unnötig entfremdet hat.
Gerade in Zeiten der noch immer nicht ausgestandenen Finanzkrise ist
ein ökonomistisches Modernisierungsverständnis, wie es sich mit den
gigantomanischen Bahnhofs-Plänen in Stuttgart verbindet, fehl am
Platz. Ja, es ist ein Anschlag auf die schwäbische Sparsamkeit und
das vielerorts unterschätzte Heimatgefühl in einer globalisierten
Welt. Neofeudales Machtgehabe, wie es Mappus und Bahnchef Grube
demonstrierten, empfinden die Bürger da nur als Provokation. Es wird
schwer, einen Kompromiss zu finden, wenn es den in Stuttgart
überhaupt geben kann. „Aus faulen Eiern werden keine Küken“, wusste
schon Wilhelm Busch.

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