Ostsee-Zeitung: Kommentar zum Aufstand inÄgypten

Was und wer kommt nach den geschassten Despoten?
EU und USA scheinen dem aufrührerischen Treiben bisher nur gänzlich
hilflos zuzusehen. Am liebsten wäre ihnen wohl gewesen, wenn in
Ägypten Mubarak selbst einen Reformprozess in Gang gesetzt und sich
dann allmählich zurückgezogen hätte. Das war eine Illusion. Zu lange
haben sie auf ihn gesetzt als Mann des Westens, Garant der
Stabilität, Gegenpol zum Iran, welcher zwar nicht zur arabischen Welt
gehört, sich aber gern als Sachwalter der arabischen Sache im Streit
mit Israel sieht. Wohin sich Ägypten als arabische Führungsmacht nun
entwickeln wird, ist unkalkulierbar. Aber es wird ausstrahlen auf die
Region. Und ganz gleich, wer nach Mubarak kommt, es wird mit großer
Wahrscheinlichkeit jemand sein, der deutlich mehr auf kritische
Distanz zu Tel Aviv gehen wird. Ein Umsturz allein garantiert noch
keinen Fortschritt, das haben genügend Beispiele in Afrika oder auch
in den ehemaligen Sowjetrepubliken gezeigt. Wenn sich nach der einen
Clique nur eine neue bereichert, ist wenig gewonnen. So ist es ein
positives Zeichen, dass die bislang zerstrittene Opposition dem
Mubarak-Regime mit einheitlichen Forderungen gegenübertritt. Denn das
Schlimmste, was in der Folge des Aufstands geschehen könnte, wäre ein
Versinken des Landes im Chaos.

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