Ja. Angela Merkel hat gestern ein kleines Stück
Geschichte geschrieben. Trotz der 42
Reihen von Union und SPD fehlten, bleibt festzuhalten: Noch nie gab
es seit 1949 eine so deutliche Zustimmung bei einer Kanzlerwahl. Drei
Monate nach der Bundestagswahl brachte die 59-Jährige drei Viertel
der Abgeordneten hinter sich – eine beachtliche Leistung. Als „Kohls
Mädchen“ war die evangelische Pastorentochter nach der Wende quasi
aus dem Nichts auf der politischen Bühne aufgetaucht. Inzwischen ist
aus der Ostdeutschen längst eine gesamtdeutsche Politikerin geworden.
Die von ihren eigenen Anhängern liebevoll „Mutti“ genannte
Christdemokratin erfüllt die Sehnsucht der Deutschen nach einer
ruhigen Hand an den Hebeln der Macht. Ein Stück Geborgenheit statt
des in der politischen Debatte sonst so üblichen Talkshow-Zanks. Nun
ist Merkel auf dem Zenit ihrer Regentschaft angekommen. Noch einmal
stehen große Themen auf der Agenda: Die Energiewende etwa. Im Zeichen
des Klimaschutzes hat sich ein Moloch an Subventionen angehäuft,
durch den der normale Stromverbraucher Jahr für Jahr kräftig
draufzahlt. Wie hoch sind die Risiken der Euro-Krise, was kommt da
noch auf uns zu? Und wer hilft den klammen Kommunen, die längst
überfordert damit sind, ihre Infrastruktur noch in Ordnung zu halten?
Einnahmen aus der Pkw-Maut dürften da nur der Tropfen auf dem heißen
Stein sein. Merkel sollte sich an ihren Mut früherer Tage erinnern,
etwa als es darum ging, Arbeit durch sinkende Lohnnebenkosten wieder
bezahlbar zu machen. Stattdessen wird eine der ersten Amtstaten der
neuen Regierung sein, die fällige Senkung der Rentenbeiträge zu
verhindern und das Geld in die Mütterrente und Bezüge für langjährig
Beschäftigte zu stopfen. „Deutschlands Zukunft gestalten“, so hat die
neue Regierung ihre Arbeit überschrieben. Die dritte Amtszeit der nun
komplett sozialdemokratisierten Merkel startet mit Wahlgeschenken für
Alte, statt mit Visionen für Junge. Dabei hätte die Kanzlerin noch
einmal die Chance, richtig zu zeigen, was sie kann.
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Ostsee-Zeitung
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