Ostthüringer Zeitung: Jörg Riebartsch kommentiert: Eine Frage der Einstellung

Es gibt zuweilen politisch zu regelnde
Angelegenheiten, da muss man die Frage stellen, ob überhaupt ein
Problem vorliegt. Nicht selten gibt es ja in Wahrheit gar kein
Problem, wo die Politik eines sieht.

Der prüfende Blick dazu lohnt sich in Thüringen für ein Vorhaben,
das sich Verwaltungs- und Gebietsreform nennt. Die rot-rot-grüne
Landesregierung sagt, es muss eine solche Reform geben. Das war vor
der Wahl angekündigt, steht im Koalitionsvertrag und nun will die
Regierung auch liefern. Das ist treu und brav.

Die Opposition im Kleid der CDU reagiert ablehnend, war aber
bereits selbst einmal im Freistaat ein übereifriger Reformer. Dass
sich die Landräte nun aufteilen, je nachdem, ob man dem Projekt aus
Linken, SPD und Grünen zugeneigt ist oder nicht, und ob man betroffen
ist oder nicht, ist wenigstens albern. Es sind aber vor allem
sachfremde Erwägungen.

Das trifft allerdings auch auf das Regierungslager selbst zu, dem
aus nicht nachvollziehbar kommunizierten Gründen – nämlich gar keinen
– die Verwaltungsgemeinschaften ein Dorn im Auge sind. Sie sollen
weg.

Aber weshalb? Hat man in Thüringen schon etwas davon gehört, dass
in kleinen und kleinsten Gemeinden, die sich mit den
Verwaltungsgemeinschaften untereinander helfen, ein administratives
Chaos ausgebrochen wäre? Ist es stattdessen nicht eher so, dass man
unschöne Dinge wie exorbitant lange Bearbeitungszeiten,
Unbeweglichkeit, Sturheit und nicht beantwortete Bürgeranfragen aus
Großverwaltungen wie jener der Stadt Gera kennt? Und geht die
Landesregierung davon aus, dass die Stadtverwaltung Gera plötzlich
effizient, transparent und bürgernah ist, weil die Stadt Gera nicht
mehr kreisfrei ist, sondern ein Teil eines Landkreises
Greiz-Altenburg wird, vielleicht mit dem Auto-Kennzeichen GAG?

Zu einer Reform von Verwaltung gehört in erster Linie die
Einstellung der Beschäftigten zu der Dienstleistung, die sie für den
steuerzahlenden Bürger erbringen. Und das hat überhaupt nichts mit
der Größe der Verwaltungseinheit zu tun.

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