Ostthüringer Zeitung: Jörg Riebartsch kommentiert: Merkels Land – seltsam unregiert

Eine gute Nachricht könnte lauten: Die Regierungszeit
der Großen Koalition mit SPD in der Union beträgt nur noch
dreieinhalb Jahre. Außer vollmundiger Ankündigungen, die große
Koalition stehe für große Aufgaben, hat man nämlich außerhalb Berlins
noch nichts davon gemerkt, dass das Land überhaupt in irgendeiner
anerkennenswerten Form regiert wird.

Das liegt vor allem an Bundeskanzlerin Angela Merkel, der es
nicht gelingt, aus ihrem präsidialen Wahlkampfmodus in den
tatkräftigen Handlungsrhythmus der vom Papier her mächtigsten Frau
der Welt umzuschalten. In der CDU gibt es momentan niemanden, der
inhaltlich Positionen besetzt. Bereits in den Koalitionsverhandlungen
mit der SPD war die CDU seltsam zurückgenommen, wirkte beinahe
unbeteiligt.

Das Vakuum kann auch der bayerische Ministerpräsident Horst
Seehofer nicht ausfüllen, der als CSU-Chef Kommunalwahlkampf
betreibt: Im März wird in Bayern gewählt. Seine Wortmeldungen
zwischen bayerischer Bauernschläue und parteipolitischer Hebelwirkung
im föderativen Staatsaufbau, haben allenfalls populistische
Werthaltigkeit – also keine. Sie zeigen nicht auf, wohin die starke
Union die Bundesrepublik eigentlich führen will.

Zudem wirkt die Große Koalition erschreckend unprofessionell.
Schon an der ersten Ungereimtheit – dem juristisch tadelhaften
Umgang mit dem SPD-Politiker Sebastian Edathy – scheitert ein
Minister der CSU. Und der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Oppermann
gibt ein dermaßen jämmerliches Bild in der Öffentlichkeit ab, dass
dieselbe sich fragt, wie der Mann wohl zu seinem Posten gekommen sein
mag.

Die einzig nennenswerte politische Aussage der zurückliegenden
Wochen kam von Bundespräsident Joachim Gauck, dem aufgefallen ist,
dass die ausländischen Partner zurecht mehr Militärpräsenz von der
Großmacht Deutschland fordern. Es wäre an Merkel gewesen, auf die
Notwendigkeit dieses weltmännischen Verhaltens in einer
Regierungserklärung hinzuweisen. So bleibt ihr Land vorerst seltsam
unregiert.

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