Gestern im Thüringer Landtag zu Erfurt: eine
Lehrstunde. Eine Lehrstunde in Sachen Anteilnahme, eine Lehrstunde in
Beispielen dafür, wie man schonungslos, offen und ohne Ausflüchte
Fehler und Versäumnisse einräumt. Gestern war ein starker Tag des
Landesparlamentes, weil es auf Wahlkampftöne verzichtete und
stattdessen in der Sondersitzung zum Abschlussbericht des
NSU-Untersuchungsausschusses das tat, was den Erwartungen entsprach;
sich bei den Angehörigen der Opfer der rechtsextremen Terrorzelle mit
Demut zu entschuldigen.
Es war eine stellenweise ergreifende Sitzung. Dass sich das
Parlament bei der Verlesung der Namen der Opfer in stillschweigendem
Einvernehmen erhob, rührte an. Dieses Zeichen verdient Respekt und
Anerkennung.
Abgeschlossen ist für Thüringen die Aufarbeitung der Vorkommnisse
damit allerdings noch nicht. Scham ist angemessen und gut. Aber jetzt
ist auch dafür vorzusorgen, dass nicht wieder in ein paar Jahren
Anlass besteht, sich für das Versagen der Behörden entschuldigen zu
müssen.
Hinter dem vagen Begriff der Behörde verbergen sich neben der
Polizei und der Staatsanwaltschaft vor allem die Ungereimtheiten des
Verfassungsschutzes. Dessen Wirken ist geheim oder sollte geheim
bleiben. Viele Pannen sorgen in der Praxis dafür, dass die
Geheimnisse nicht lange geheim sind.
Die Kontrolle von Geheimdiensten ist in der Demokratie schwer.
Damit die Behörde Verfassungsschutz geheim wirken kann, ist die
Politik oft nicht im Bilde, was die Schnüffler und die von Ihnen
gelenkten V-Leute operativ treiben. Gerät die Sache mit der
geheimdienstlichen Aufklärung daneben, muss die Politik dann den Kopf
hinhalten für Dinge, von denen sie bewusst nichts wissen sollte.
Gute Gelegenheit nicht nur wie begonnen, den Verfassungsschutz neu
zu sortieren, sondern auch die Art und Weise, wie das Parlament das
Geheimdiensttreiben kontrolliert und überwacht. Wie das gemacht wird
muss dem Volk transparent vermittelt werden.
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