Ostthüringer Zeitung: Wolfgang Schütze kommentiert: Gefährliche Gerichtsflucht

Russland will nicht mehr mit dem Internationalen
Strafgerichtshof zusammenarbeiten. Der Grund könnte in den
Untersuchungen zum Ukraine-Konflikt liegen, die jetzt in Den Haag
angekündigt wurden.

Mit dem Widerruf, der von Kremlchef Wladimir Putin höchstselbst
angeordnet wurde, befindet sich Russland in bester schlechter
Gesellschaft. Auch die Weltmacht USA hat dem Tribunal längst die
kalte Schulter gezeigt – eine Geste übrigens, an der ein viel zu früh
als Friedensnobelpreisträger geehrter Präsident Barack Obama nichts
änderte. China als weiteres zu Weltmacht strebendes Land hat den
Gründungsvertrag von Rom zwar unterzeichnet, aber nicht ratifiziert.

Auch immer mehr Länder Afrikas gehen auf Distanz zum
Strafgerichtshof, weil sie sich benachteiligt fühlen. Immer stünden
nur sie am Pranger, sogar Vorwürfe von „Kolonialismus“ per Justiz
wurden laut.

Wenn die 120 Mitgliedstaaten des Internationalen Gerichtshofs bei
ihrer derzeitigen Vollversammlung nicht doch noch eine Lösung finden,
ist die Institution am Ende ihres Lateins, da kann man den
Gerichtshof auch auflösen. Für die weltweite Verfolgung von
Kriegsverbrechen und Verstößen gegen die Menschenrechte wäre das
eine ganz schlechte Nachricht.

Man stelle sich nur mal vor, dass nach dem Zweiten Weltkrieg die
Alliierten aus eigennützigen Motiven heraus verkündet hätten, keine
Lust auf die Bestrafung von nationalsozialistischen Mördern und
Helfershelfern zu haben. Undenkbar!

Doch seit 1945 hat sich die Welt weitergedreht und leider nicht
immer nur zum Guten. Die Krise internationaler Einrichtungen und
Gremien erlebt gerade im Zeitalter der Globalisierung eine
gefährliche Zuspitzung: Der Weltsicherheitsrat blockiert sich meist
selbst; die UN-Vollversammlung fasst Beschlüsse, an die sich kaum
einer hält; die Europäische Union driftet auseinander.

Bislang konnten Diktatoren und Gesetzesbrecher nur sicher sein,
wenn sie im eigenen Land blieben. Künftig könnten sie wieder ruhiger
schlafen

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