Laut einer aktuellen Emnid-Umfrage im Auftrag des
Magazins „Focus“ halten rund zwei Drittel der Deutschen die DDR für
einen Unrechtsstaat. Während im Westen der Republik rund 72 Prozent
der Befragten zustimmten, dass der Begriff auf die DDR zutreffe,
waren im Osten demnach nur 30 Prozent dieser Meinung.
Ein Wunder ist das nicht. Die Dauer-Propaganda der SED hat es
offenbar vermocht, im Bunde mit nachgeschalteten Blockparteien und
Massenorganisationen die Mär in den Köpfen vieler Menschen zu
verankern: Das ist euer Staat, der Staat der Arbeiter und Bauern. Und
diesen Staat müsst ihr lieben.
Einen Staat lieben? Selten so gelacht. Mann muss seine Frau
lieben, denn die hat er sich selbst ausgesucht; auch die Kinder. Aber
den Staat doch nicht.
Es ist bedauerlich, dass zu viele immer noch nicht trennen wollen
oder können – zwischen sich, ihrem meist anständigen Leben und dem
ganz anderen Tun und Treiben einer Polit-Gerontokratie. Der Arbeiter
in der DDR war – entgegen allen Behauptungen einer sozialistischen
Menschengemeinschaft – eben nicht gleich mit dem Funktionär. Niemals.
Nun allerdings, 25 Jahre nach dem Mauerfall bröckelt der alte
Leim. Selbst in der Linken finden sich Politiker, die die DDR für das
halten, was sie tatsächlich war: Eine Diktatur, ein Unrechtsstaat.
Dass die Linke, gerade in Thüringen, ihren Meinungswechsel nicht
vor den Landtagswahlen ihrer Anhängerschaft zu wissen gab, grenzt an
Wählertäuschung. Denn man muss kein Prophet sein, dass ihr dies
weniger Stimmen beschert hätte. Und auch jetzt ist zweifelhaft, was
überwiegt: Die ehrliche Einsicht oder die Taktik, nicht durch einen
Begriffsstreit eine wahrscheinliche Rot-rot-grüne Landesregierung zu
gefährden. Wird Bodo Ramelow als erster Ministerpräsident der Linken
gewählt – und auch das ist wahrscheinlich – kann die Linke nicht mehr
hinter ihre Positionen zurück, will sie nicht vollends ihr Gesicht
verlieren.
Schon jetzt zeigt sich: Gysi kann sich bei den Linken nicht mehr
durchsetzen. Die Götterdämmerung hat begonnen.
Pressekontakt:
Ostthüringer Zeitung
Redaktion Ostthüringer Zeitung
Telefon: +49 365 77 33 11 13
redaktion@otz.de