Die Befürchtungen, die in den letzten Tagen nochmals
gewachsen waren, sind Gewissheit: Helmut Schmidt ist gestorben. Ein
Mann wie er, der kaum ein Blatt vor den Mund nahm, was ihm den
Spitznamen „Schmidt Schnauze“ einbrachte, hatte auch Ärzte, die
nichts Falsches versprechen wollten.
Helmut Schmidt ist gestorben, und das macht sehr traurig, auch
wenn man sich wegen seines Alters und seiner angegriffenen Gesundheit
darauf einstellen musste. Mit dem 96-Jährigen geht ein Mann, dem
nicht nur die Hamburger vertrauten, weil er vielen von ihnen
buchstäblich das Leben gerettet hat mit seinem unermüdlichen Einsatz
als Senator der Hansestadt gegen die Sturmflut 1962.
Wie vielen Menschen in Ost und West er mit dem
Nato-Doppelbeschluss das Leben gerettet hat, steht dahin. Schmidt hat
sich als einer der ersten im Westen Ende der Siebziger Jahre gegen
sowjetische Mittelstreckenraketen ausgesprochen, die das militärische
Gleichgewicht zu kippen drohten und die auch im Thüringer Raum
installiert wurden. Schmidt wurde für sein flexibles Dagegenhalten
oft gescholten – auch in seiner eigenen Partei – aber letztlich
behielt er recht: Die Verbindung von Nachrüstung des Westens und
Verhandlungsangebot zwang die Sowjets ab 1985, ihrerseits Angebote
zur atomaren Abrüstung zu machen. Bald darauf folgten Verträge, und
der Aufstieg von Michael Gorbatschow als Hoffnungsträger begann.
Hartnäckig blieb Helmut Schmidt auch, als die linksextremistischen
Terroristen der Rote Armee Fraktion die Bundesrepublik mit Angst und
Schrecken überzogen. Der Kanzler ließ nicht zu, dass tragische
Geiselschicksale das ganze Land erpressbar machen sollten.
Schmidt hat als letzter Kanzler den Zweiten Weltkrieg erlebt. Das
prägte sein Verhältnis besonders zu Frankreich, zu Europa. Er war ein
Mann mit Ecken und Kanten, einst kühl, aber verlässlich; im Alter
weise und fast väterlich-gütig. Schmidt war authentisch, und das
bezog sich nicht nur auf die Schiffermütze oder die unvermeidliche
Zigarette.
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