Es war 1982, da hatte im aufmüpfigen Staatsschauspiel
Dresden das „Schwitzbad“ Premiere. Wladimir Majakowski, der
„Trommler der Revolution“, betreibt darin eine Sauna zur Reinigung
der Funktionärskader. Die waren mit den Jahren alt, fett, reich,
bürokratisch, schönfärberisch und überhaupt so geworden, dass sie für
die lichte Zukunft des Kommunismus nicht taugten.
Eine Satire halt, 1929 geschrieben und Jahrzehnte später immer
noch wie maßgeschneidert auf die Verhältnisse in der DDR. Dass die
Endzeit der Arbeiter- und Bauern-Republik begonnen hatte, wusste
damals keiner, aber das Theater war voll. Die meisten im Publikum
lachten sich nicht mehr ins Fäustchen, sondern lauthals über das, was
ihnen in der Inszenierung von Horst Schönemann aufgeführt wurde,
unter anderen von der wunderbaren Dagmar Manzel.
Eine Szene habe ich bis heute behalten: Da sagte einer der ach so
volksnahen Bonzen, dem keiner mehr folgen will: „Die Masse hat sich
von mir entfernt. Ich muss mir eine neue Masse suchen“. Die Leute im
Großen Haus in Dresden kreischten ob so viel Anzüglichkeit.
Aus der Abwahl der DDR durch ihre Bürger kann man viele Lehren
ziehen. Eine davon lautet: Es ist möglich, viele Jahre am Volk vorbei
zu regieren. Aber irgendwann reicht es denen und sie wenden sich ab.
Darunter sogar jene, die bei der Fahrt in den Kommunismus den
Karren gezogen oder die Karten gelocht hatten.
Die neueste Umfrage für die ARD zeigt, dass sich die aktuelle
Politik – unter ganz anderen Umständen, aus ganz anderem Anlass –
wieder von den Massen entfernt. Es ist so wohlfeil wie billig, die
Ängste von Leuten abzutun oder gar zu verunglimpfen. Es geht auch
nicht darum, dem Volk, dem argen Lümmel, nach dem Munde zu reden,
oder Extremisten von Links und Rechts in die Hände zu treiben. Nein,
es geht letztlich um geordnete Verhältnisse, gerade in der
Flüchtlingspolitik.
Das „Schwitzbad“ wird nur noch selten gespielt. Schade für Angela
Merkel und die Schönfärber allerorten.
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